Am Mittwoch, 27. Januar 2021, gedenkt die Stadt Herne der Opfer des Nationalsozialismus. Vor 25 Jahren hatte Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar, das Datum der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, zum nationalen Gedenktag erklärt. 2005 haben ihn die Vereinten Nationen zusätzlich zum internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust ernannt.
Seit vielen Jahren begeht die Stadt Herne den Tag mit einer zentralen Gedenkveranstaltung. Aufgrund der pandemischen Lage ist eine solche Publikumsveranstaltung am 27. Januar 2021 nicht möglich.
Um ein Gedenken zuhause zu ermöglichen, hat die Stadt Herne in Zusammenarbeit mit dem Emschertal-Museum einen Kurzfilm zur lokalen Erinnerungskultur in Auftrag gegeben. Unter der Prämisse „Erinnern und Erkenntnis“ stellt der Historiker Ralf Piorr in Zusammenarbeit mit dem Kameramann Young-Soo Chang das Erinnerungsprojekt „Nahtstellen, fühlbar, hier“ vor. Den Filmkommentar spricht die Schauspielerin Jenny Ewert. In der Dokumentation kommen mit Leo Schnur und Hanneke Schmitz zwei Überlebende der Shoah zu Wort. Im Gespräch mit Markus Günnewig, dem Leiter der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache in Dortmund, und Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda wird den Fragen nachgegangen, wie eine gegenwartsrelevante Beschäftigung mit der Geschichte und eine lebendige Erinnerungskultur aussehen können.
Zum Shoah-Gedenktag, dem Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz hat die ehemalige jüdische Mitbürgerin Esther Hocherman Herrn Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda angeschrieben. Dieses bewegende Schreiben – ein außergewöhnliches Dokument einer Zeitzeugin – erinnert alle Hernerinnen und Herner an die tragischen persönlichen Schicksale auch in unserer Stadt.
Esther Hocherman wurde als Edith Jankielewicz am 29. Juli 1931 geboren. Mit ihren Eltern Chaim und Rosa Jankielewicz lebte sie auf der Kaiser-Wilhelm-Straße 42 (heute Viktor-Reuter-Straße 42). Im Februar 1939, noch unter den Eindrücken der Pogromnacht wenige Monate zuvor, wurde sie von ihrer Mutter zum Bahnhof gebracht und in einen Zug gesetzt. „Kindertransport“ hieß das zu jener Zeit, und es war für jüdische Kinder die letzte Chance, aus dem nationalsozialistischen Deutschland heraus zu kommen. „Der Zug fuhr an und meine Mutter lief auf dem Bahnsteig hinterher. Ich guckte mich noch ein letztes Mal um, das war es!“ - beschreibt sie den Abschied, von dem damals niemand ahnte, dass es ein endgültiger sein sollte.
Chaim und Rosa Jankielewicz wurden am 23. Januar 1942 in das Ghetto Riga deportiert und schließlich 1944 im KZ Stutthof ermordet.
Esther Hocherman überlebte die Shoah und lebt heute in einem Altenheim in der Nähe von Tel Aviv.