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Beschluss |
Sachverhalt:
Ich bin in den letzten Tagen und Wochen mehrfach auf den Vorgang "Bebauung eines im Landschaftsschutzgebiet liegenden Grundstücks an der Bergstraße" angesprochen worden. Der Vorgang ist durch die Medien gegangen und wurde zuletzt auch in der „Aktuellen Stunde“ im WDR veröffentlicht. Es wurden direkt und indirekt Anschuldigungen erhoben, die den Eindruck vermittelten, dass es in dieser Angelegenheit nicht mit rechten Dingen zugegangen ist und verwandtschaftliche Beziehungen zu einem Beschluss geführt haben, als es bei früheren Anfragen von anderen Personen der Fall war. Direkt und indirekt wurden mir gegenüber Korruptionsvorwürfe geäußert.
Ich gehe davon aus, dass dieser Sachverhalt von der Stadt Herne geprüft wurde bzw. wird. Das Problem bei solchen Vorwürfen ist aber, dass unabhängig von der Schuld einzelner Mitarbeiter, der Anschein bereits zu einer Rufschädigung der genannten Personen und der Institution der Stadt Herne führen.
Gemäß § 10 Absatz 1 Korruptionsbekämpfungsgesetz NRW sind die Leiterinnen und Leiter öffentlicher Einrichtungen verpflichtet, dem Grad der jeweils gegebenen Korruptionsgefährdung entsprechende Maßnahmen zur Prävention zu treffen. Diese Maßnahmen sollen dem Schutz der jeweiligen Einrichtungen aber auch dem Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dienen.
Unabhängig von dem genannten Vorfall bitte ich um Beantwortung folgender Fragen:
1.
Wie ist der Schutz gegen Korruption in Herne organisiert? Gibt es eine Beauftragte oder einen Beauftragten, die/der die Arbeit koordiniert? Wenn ja:
1.1
Wie und wo ist diese Person angesiedelt?
1.2
Wie sind die genauen Aufgaben und Kompetenzen?
1.3
Gibt es ein unmittelbares Vortragsrecht beim Oberbürgermeister?
2.
Gemäß § 10 Absatz 2 Korruptionsbekämpfungsgesetz NRW sind die besonders korruptionsgefährdeten Bereiche und Arbeitsplätze intern festzulegen. Dies geschieht üblicherweise durch einen Korruptionsatlas.
2.1
Gibt es in der Stadt Herne eine entsprechende Aufzeichnung? Wenn ja, wie alt ist diese und stimmt diese noch mit der heutigen Realität überein?
2.2
Werden die im Korruptionsschutzgesetz NRW geforderten Maßnahmen (Vieraugenprinzip und Rotation nach spätestens 5 Jahren) in der Stadt Herne konsequent umgesetzt? Wenn nein, welche anderen Maßnahmen werden durchgeführt?
3.
Die Vermeidung von Korruption setzt bei allen Beschäftigten ein bestimmtes Verhalten voraus. Hierzu muss neben organisatorischen Maßnahmen auch ein entsprechendes Bewusstsein bei den Beschäftigten geschaffen werden.
3.1
Gibt es allgemeine Anweisungen und Richtlinien für das Verhalten von Beschäftigten in korruptionsgefährdeten Bereichen? Wenn ja, wie erhalten die Beschäftigten hiervon Kenntnis?
3.2
Gibt es regelmäßige Schulungen und Unterweisungen für alle Beschäftigten in korruptionsgefährdeten Bereichen? Wenn ja, wie und in welchem Turnus werden diese durchgeführt? Wird die Teilnahme an den Schulungen überprüft?
3.3
Eine besondere Rolle im Bereich der Korruptionsbekämpfung haben die Vorgesetzten. Wie werden diese auf Ihre jeweiligen Aufgaben vorbereitet? Gibt es für diesen Personenkreis eine besonders zugeschnittene Schulung? Wenn ja, wie und in welchem Turnus werden diese durchgeführt? Wird die Teilnahme an den Schulungen überprüft?
3.4
Als Vorgesetzter aller Beschäftigten der Stadt Herne haben Sie Herr Oberbürgermeister, eine Gesamtverantwortung für alle Vorgänge in der Stadt Herne. Wie wurden Sie auf diese Rolle im Bereich der Korruptionsprävention vorbereitet? Wann waren Sie - vor Veröffentlichung der Vorwürfe im Zusammenhang mit der Bergstraße - mit dieser Materie befasst?
Herr Oberbürgermeister Dr. Dudda beantwortet die Fragen wie folgt:
Zu Frage 1:
Hierzu wurden verschiedene Maßnahmen umgesetzt, wobei die zum 1. März 2021 in Kraft getretene „Dienstanweisung zur Vorbeugung von Manipulation und Korruption und zum Schutz der Mitarbeitenden“ wesentlicher Bestandteil des Maßnahmenpakets ist. Die Dienst-anweisung trägt dazu bei, die Mitarbeitenden für diese Problematik zu sensibilisieren, Korrup-tion vorzubeugen und aufzudecken, eine Handlungsanleitung und eine Hilfestellung zu bieten, um bei einer sich abzeichnenden Korruptionsgefahr angemessen und einheitlich reagieren zu können.
Die Dienstanweisung basiert auf dem am 1. März 2005 in Kraft getretenen Gesetzes zur Ver-besserung der Korruptionsbekämpfung und zur Führung eines Vergaberegisters in Nordrhein-Westfalen (Korruptionsbekämpfungsgesetz – KorruptionsbG). Auch der Runderlass des In-nenministeriums vom 20. August 2014 „Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung“ ist in die Dienstanweisung mit eingeflossen.
Bei der Verwaltung gibt es zudem die eine/einen Ansprechpartner*in für alle korruptionsrele-vanten Themen. Die Funktion ist im Dezernat VI auf der Stelle der Fachbereichsleitung des FB Recht verortet. Zu den Aufgaben gehört u. a. die Beratung und Auskunft im Zusammen-hang mit der Vorbeugung und Bekämpfung von Korruptionstaten, sowie die Entgegennahme von Hinweisen zu Sachverhalten mit Verdacht der Korruption. Es besteht qua Funktion ein Vortragsrecht bei Herrn Oberbürgermeister.
Zu Frage 2:
Nach § 19 Absatz 2 KorruptionsbG-NRW sind die korruptionsgefährdeten Bereiche in den öffentlichen Stellen und die entsprechenden Arbeitsplätze intern festzulegen. Dies bedarf ei-ner internen Festlegung der korruptionsgefährdeten Arbeitsplätze, die insbesondere dort an-zunehmen sind, wo auf Aufträge, Fördermittel oder Genehmigungen, Gebote oder Verbote Einfluss genommen werden kann.
In Herne ist eine Arbeitsgruppe Gefährdungsanalyse unter Beteiligung der Organisationsberatung des Fachbereichs 12, des Fachbereichs 14, des Fachbereichs 23 und des Personalrats eingerichtet worden. Diese hat in Kollaboration mit den einzelnen Fachbereichen und auf Grundlage der Stellenbeschreibungen eine Festlegung der Korruptionsgefährdung für jede Stelle vorgenommen.
Alle Planstellen der Verwaltung wurden mit einem einheitlichen Ampelsystem (grün, gelb, rot) versehen, um eine Einstufung in Kategorien vornehmen zu können:
• grün: Das Aufgabengebiet lässt eine Korruptionsgefährdung nicht vermuten. Es besteht kein Handlungsbedarf.
• gelb: Abstrakt korruptionsgefährdete Tätigkeiten, die einen mittleren Grad darstellen. Der Arbeitgeber muss hier Tätig werden und interne Kontrollsysteme implementiert sein.
• rot: Besondere Korruptionsgefährdung liegt gem. Stellenprofil vor. Es könnte ein erheblicher Vor- oder Nachteil durch Entscheidungen aus der subjektiven Sicht eines Dritten entstehen und eine eigenständige Entscheidungsbefugnis ist gegeben. Rotation oder besondere Maßnahmen erforderlich.
Maßnahmen bei Planstellen der gelben Kategorie
Hierbei handelt es sich um abstrakt korruptionsgefährdete Tätigkeiten, die einen mittleren Grad darstellen. Die Verwaltung muss hier tätig werden und interne Kontrollsysteme müssen implementiert sein. Mögliche Maßnahmen sind:
• intensive Vorgangskontrolle (z. B. Durchführen von Kontrollen an vorher festgeschriebenen "Meilensteinen" im Vorgangsablauf)
• Wiedervorlagen
• Überprüfung der Ermessensausübung,
• Herausgabe von Prüfrastern, Checklisten o. ä. zum ordnungsgemäßen Vorgangsablauf
• Standardisierung von wiederkehrenden Vorgangsabläufen unter Einsatz der IT (automatische Erfassung von Auffälligkeiten)
• Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips auch über den Vergabebereich hinaus
• Transparenz der Entscheidungsfindung in korruptionsgefährdeten Arbeitsbereichen durch organisatorische Maßnahmen (z. B. Trennung der Verfahrensabläufe - Planung, Vergabe, Abrechnung -, rechnergestützte Vorgangskontrolle, Berichtswesen, eindeutige Zuständigkeitsregelungen, genaue und vollständige Dokumentation
• Stärkung der Mitarbeiter/Führungskräfte durch Sensibilisierung
Maßnahmen bei Planstellen der roten Kategorie
Hierbei handelt es sich um Stellen mit besonderer Korruptionsgefährdung . Rotation oder be-sondere Maßnahmen sind erforderlich.
Hier wird eine Rotation alle 5 Jahre vorgesehen. Falls dies nicht möglich ist, so sind diese Gründe sowie die zur Kompensation getroffenen Maßnahmen aktenkundig zu machen und der zuständigen Aufsichtsbehörde gemäß § 21 Absatz 2 KorruptionsbG mitzuteilen. In diesen Fällen ist für eine besonders ausgeprägte Dienstaufsicht und die Anwendung von Kontrollme-chanismen zu sorgen, wie z. B.:
• Stärkere Dokumentation
• Einrichtung von Innenrevisionen
• 6-Augen-Prinzip
• Unvermutete Stichproben
• Stärkung der Mitarbeiter/Führungskräfte durch Sensibilisierung
• Transparenz der Entscheidungsfindung in korruptionsgefährdeten Arbeitsbereichen durch organisatorische Maßnahmen (z. B. Trennung der Verfahrensabläufe - Planung, Vergabe, Abrechnung -, rechnergestützte Vorgangskontrolle, Berichtswesen, eindeutige Zu-ständigkeitsregelungen, genaue und vollständige Dokumentation
Ziel ist es, bei den betroffenen Stellen dem Grad der jeweils gegebenen Korruptionsgefähr-dung entsprechende Maßnahmen zur Prävention zu treffen bzw. bereits vorhandene Maß-nahmen kurz in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren. Bei allen Planstellen, die der gelben oder roten Kategorie zuzuordnen sind, hat der Fachbereich die geeigneten Maßnah-men festzulegen und umzusetzen. Die festgelegten Maßnahmen je Planstelle sind an den Fachbereich 12 zu melden.
Die Organisationseinheiten schreiben die Gefährdungsbeurteilung für ihren Bereich fort. Ein-mal jährlich oder bei akutem Bedarf erhält der Fachbereich 12 die Aktualisierung der Gefähr-dungsbeurteilung.
Zu Frage 3:
Um die Führungskräfte in ihrer besonderen Verantwortung und Vorbildfunktion, die sie im
Rahmen ihrer Dienst- und Fachaufsicht bei der Korruptionsbekämpfung innehaben, zu unterstützen, werden für sie entsprechende Seminare verpflichtend angeboten. So wird sichergestellt, dass alle Führungskräfte für das Thema Korruption und Prävention sensibilisiert werden. Ferner werden sie im Umgang mit der vorgenannten Gefährdungsanalyse geschult. Auch alle interessierten Mitarbeitenden können an den Seminaren teilnehmen. Darüber hinaus wurde allen Beschäftigten die „Dienstanweisung zur Vorbeugung von Manipulation und Korruption und zum Schutz der Mitarbeitenden“ bekannt gemacht, in welcher sich ebenfalls Leitlinien und Verhaltensanweisungen befinden.
Die dargestellten Maßnahmen sind vom Oberbürgermeister als Leiter der Gesamtverwaltung initiiert. Der Oberbürgermeister verfügt darüberhinaus als Jurist von Hause aus über die entsprechende Kompetenz.