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Ratsinformationssystem

Auszug - Anfrage: Schrottimmobilien  

des Rates der Stadt (Delegierung auf Haupt- und Personalausschuss)
TOP: Ö 12.3
Gremium: Rat der Stadt Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Di, 26.01.2021 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:00 - 16:55 Anlass: Sitzung
Raum: großer Sitzungssaal (Raum 312)
Ort: Rathaus Herne
2021/0006 Anfrage: Schrottimmobilien
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Anfrage_Formular
Verfasser:SVO Berning, Thomas
Federführend:Bereich 10 - Büro Oberbürgermeister Bearbeiter/-in: Hartmann, Nils
 
Beschluss


Sachverhalt:
 

Herne leidet unter den negativen Begleitumständen sogenannter "Schrottimmobilien". Zu diesen Immobilien gehören u. a. überbelegte Wohnungen, solche mit schlechten baulichen und hygienischen Zuständen, mit übermäßigem Lärm oder auch Kriminalität. Oftmals werden diese an Menschen aus Südosteuropa vermietet, die überhöhte Mieten zu entrichten haben und von dubiosen Firmen der Schwarzarbeit zugeführt werden. Soziale Konflikte im Umfeld der Immobilien führen zu einem Wertverlust und stören nicht selten den sozialen Frieden.

Negativ zu bewerten ist diese Entwicklung auch vor dem Hintergrund fehlenden Wohnraums in Herne. Die betroffenen Immobilien stehen so nicht für eine Modernisierung  bzw. einen Abriss mit anschließendem Neubau zur Verfügung. Von einer effektiven, bedarfsgerechten Nutzung des Grundstücks kann in diesen Fällen keineswegs gesprochen werden. Auch das Stadtbild wird durch Schrottimmobilien nachhaltig gestört, was zu einem Verlust an Lebensqualität für alle Einwohner führt.


Am 21.05.2020 hat die WAZ berichtet, dass Herne Ende 2017 einen Förderbescheid von 2,5 Millionen € vom Land NRW erhalten hat zu dem Zweck, bis Ende 2021 Schrottimmobilien anzukaufen. Doch angekauft worden ist nur eine Schrottimmobilie an der Bielefelder Straße 81. Laut dem Sozialdezernenten Chudziak würde Herne gerne noch weitere Schrottimmo-bilien kaufen (beispielsweise Cranger Straße 72-80). Leider würden aber diese sich nicht in einem Fördergebiet der Städtebauförderung befinden oder sich negativ auf ein unmittelbar benachbartes Fördergebiet der Städtebauförderung auswirken. Auch würden manchmal Eigentümer das Doppelte des Verkehrswertes verlangen. Und manchmal könne man auch zu dem Eigentümer keinen Kontakt aufnehmen. Mit dem privaten Käufer einer Schrottimmobilie an der Kurhausstraße habe man aber eine Sanierungsvereinbarung getroffen. Laut Herrn Chudziak habe die Stadt an der Emscherstraße gemäß dem Wohnungsaufsichtsgesetz (WAG) eine Wohnung für unbewohnbar erklärt. Das WAG sei laut Herrn Chudziak aber nicht wirklich scharf. Er habe im Jahre 2019 Vorschläge zur Reform des WAG an das NRW-Bauministerium geschickt. Seine Vorschläge hätten aber keinen Niederschlag im Gesetz gefunden.

De lege lata steht in § 9 WAG, dass Wohnraum nur überlassen oder benutzt werden darf, wenn für jede Bewohnerin oder jeden Bewohner eine Wohnfläche von mindestens 9 m², für jedes Kind bis sechs Jahren eine Wohnfläche von mindestens 6 m² vorhanden ist. Und die Gemeinde kann von dem Verfügungsberechtigten oder der Bewohnerschaft die Räumung überbelegter Wohnräume verlangen, bis der Zustand ordnungsgemäßer Belegung erreicht ist. Dabei sind der Zeitpunkt des Einzugs sowie die persönlichen und familiären Verhältnisse zu berücksichtigen. Die Räumung soll erst zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen zur Verfügung steht.


Und de lege lata steht in § 11 Abs. 2 des WAG, dass, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Wohnraum entgegen § 8 WAG unzulässig benutzt wird oder nach § 9 WAG überbelegt ist, Grundstücke und Wohnräume ohne Einwilligung der betroffenen Bewohnerschaft jederzeit ohne Ankündigung betreten werden dürfen.


Die AfD-Fraktion bittet die Verwaltung daher um die Beantwortung folgender Fragen:

1) Wie viele Schrottimmobilien gab es 2012 in Herne?

2) Wie hat sich ihre Zahl seitdem entwickelt? (bitte nach Stadtbezirk, Jahr und Anzahl auflisten)

3) Wie viele dieser Schrottimmobilien werden nach Kenntnis der Stadt Herne derzeit bewohnt?

4) In wie vielen Fällen geht die Stadt Herne von Bewohnern aus Südosteuropa aus?

5) In wie vielen Fällen von Verstößen gegen das Wohnungsaufsichtsgesetz waren von Südosteuropäern bewohnte Wohnungen betroffen? (bitte nach Stadtbezirk, Jahr und Anzahl auflisten)

6) Wie viele Wohnungen wurden seit 2014 in Herne mit Hilfe des Wohnungsaufsichtsgesetzes für unbewohnbar erklärt? (bitte nach Stadtbezirk, Jahr und Anzahl auflisten)

7) Bei wie vielen Wohnungen konnte die Stadt Herne mit privaten Eigentümern mit Hilfe des Wohnungsaufsichtsgesetzes eine Sanierungsvereinbarung treffen? (bitte nach Stadtbezirk, Jahr und Anzahl auflisten)


8) Betreten Beauftragte der Stadt Herne auch gemäß § 11 Abs. 2 WAG zwecks Sachverhaltsermittlung ohne Ankündigung ohne Einwilligung der Betroffenen Grundstücke oder Wohnungen? Falls ja, in wie vielen Fällen erfolgte so etwas seit 2014?

9) Hat die Stadt Herne seit 2014 Wohnungen wegen Überbelegung gemäß § 9 Wohnungsauf-sichtsgesetz räumen lassen? (bitte nach Stadtbezirk, Jahr und Anzahl auflisten)

10) Haben die Vorschläge, die Herr Chudziak dem NRW-Bauministerium zwecks Reform des Wohnunsaufsichtegesetzes gemacht hat, inzwischen Niederschlag im WAG gefunden?

 

11) Herne hat durch das Land NRW Fördergelder in Höhe von 2,5 Millionen € für den Kauf von Schrottimmobilien erhalten. Wie hoch ist die Restsumme, die noch zur Verfügung steht? Wann müsste dieses Geld an das Land NRW zurückgegeben werden, wenn es nicht gelingt, weitere Schrottimmobilien anzukaufen?

 

 

Die Fragen werden wie folgt beantwortet:

 

Zu Frage 1:

2010 wurde durch den Fachbereich Stadtplanung und Bauordnung ein Kataster für verwahrloste Immobilien sog. „Schrottimmobilien“ entwickelt.

 

Um zu einer ersten Bewertung der Eingriffsnotwendigkeit bezüglich einzelner Immobilien zu gelangen erfolgte eine Typisierung insbesondere nach den Kriterien „ordnungsrechtlicher Sicherungsbedarf“ und „städtebauliche Relevanz“.

 

2012 waren 58 Immobilien in diesem Kataster aufgeführt, die nicht im Kontext der Zuwanderung aus Südosteuropa zu sehen sind.

 

Zu Frage 2:

Mit Beginn der vollen Freizügigkeit für EU-Bürger*innen aus Rumänien und Bulgarien 2014 und der damit verbundenen Zunahme der Zuwanderungszahlen aus Südosteuropa nach Herne, wurden aus Sicht der verschiedenen Akteur*innen im Handlungsfeld Zuwanderung aus Südosteuropa (u.a. Kommunaler Ordnungsdienst, Wohnungsaufsicht, FB Umwelt, FB Bauordnung, Koordinierungsstelle Zuwanderung Südosteuropa, Fachbereich Kinder, Jugend und Familie) Immobilien, die erstens bewohnt sind und zweitens sowohl durch das Verhalten ihrer Bewohnerschaft, ihrer Eigentümer*innen/Verwalter*innen, der Beschwerdelage aus dem nachbarschaftlichen Umfeld und/oder aufgrund ihres baulichen Zustands als sogenannte „Problemimmobilien“ bezeichnet. Im März 2016 wurden 15 „Problemimmobilien“ von den o.g. Akteuren identifiziert bzw. standen unter ihrer besonderen Beobachtung.

 

Mit der Beteiligung der Stadt Herne am „Modellvorhaben Problemimmobilien im Kontext der Zuwanderung aus Süd-Ost-Europa“ des Ministeriums für Bauen, Wohnen Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen im Januar 2017 wurde dem Antrag eine Liste von 56 Immobilien in Herne beigefügt, für die sowohl die Bezeichnung „Schrottimmobilie“ als auch „Problemimmobilie“ zutraf. Im Dezember 2020 waren 55 „Problemimmobilien“, verteilt auf das gesamte Stadtgebiet, unter besonderer Beobachtung der o. g. Akteure.

 

Die Zahl der gemeldeten Bürger*innen aus Rumänien und Bulgarien in Herne stieg in der Zeit von März 2016 bis November 2020 von 2.451 auf 3.796 Bürger*innen an.

 

Wird eine von Bürger*innen aus Südosteuropa bewohnte Immobilie im Stadtgebiet auffällig, sei es durch Beschwerden aus der Nachbarschaft, hinsichtlich melderechtlicher Unregelmäßigkeiten oder erkannter Notlagen der Bewohner*innen, wird sie erfasst und die Sachlage dokumentiert. Je nach Verantwortlichkeiten der Fachbereiche werden Missstände behoben oder Notlagen der Bewohner*innen zu mindestens abgemildert. Von den 55 „Problemimmobilien“ gehören ca. 15 Immobilien zuzüglich des Gebäudekomplexes an der Emscherstr. zu Objekten, bei denen wiederkehrend Auffälligkeiten festgestellt und Problemlagen beseitigt werden müssen.

 

Zu Frage 3:

Alle Problemimmobilien sind bewohnt.

 

Zu Frage 4:

Mit Ausnahme des Gebäudekomplexes an der Emscherstr., in dem neben Bürger*innen aus Südosteuropa auch Bürger*innen anderer Nationalitäten leben, wohnen in den 55 Immobilien (incl. Emscherstr.) ca. 1.300 Bürger*innen aus Rumänien und Bulgarien. (Stand Dezember 2020. Aufgrund von An- und Abmeldungen sind Abweichungen zu berücksichtigen).

 

Zu Frage 5:

Die Nationalität der Bewohnenden spielt bei den Eingriffen nach dem WAG keine Rolle und wird entsprechend nicht erfasst. Aus der Erfahrung kann festgestellt werden, dass Menschen aus SOE häufig Opfer unzuverlässiger Vermieter / Eigentümer werden und Hilfeleistungen nach dem WAG ersuchen müssen.

 

Zu Frage 6:

Seit dem Inkrafttreten des WAG NRW wurden von der Wohnungsaufsicht 135 Wohnungen für unbewohnbar erklärt, davon jeweils 20 in den Stadtbezirken Eickel und Sodingen, 29 in Herne- Mitte und 66 im Stadtbezirk Wanne.

 

Zu Frage 7:

Nach dem WAG NRW gibt es keine Möglichkeiten Sanierungsvereinbarungen zu treffen.

 

 

Zu Frage 8:

Mitarbeiter der Wohnungsaufsicht betreten ohne Zustimmung von Mietern oder Verfügungsberechtigten  zur Sachstandermittlung niemals die Räumlichkeiten oder Grundstücke.

 

Zu Frage 9:

Von der Wohnungsaufsicht wurde bisher noch keine Wohnung wegen Überbelegung geräumt.

 

Zu Frage 10:

Die geplanten Neuregelungen greifen auch Ideen auf, die u.a. von Herrn Chudziak mitgeteilt wurden.

 

Zu Frage 11:

Die Stadt Herne hat im Kontext Modellvorhaben Problemimmobilien am 01.12.2017 einen Fördermittelbescheid für zuwendungsfähige Ausgaben in Höhe von 2,5 Mio. Euro (2,375 Mio. Euro Förderung zzgl. 125.000,- Euro Eigenanteil) erhalten. Diese sind an die Kriterien des Förderbescheides gebunden. Hierzu zählt insbesondere die Lage in einem Stadtumbaugebiet (Aktuelle Stadtumbaugebiete: Herne-Mitte & Wanne-Süd). Abweichungen von dieser Voraussetzung wurden in der Vergangenheit nicht zugelassen.

 

In den Jahren 2018 und 2019 wurden 373.350,- Euro für den Ankauf und Abriss der Immobilie Bielefelder Straße 81 abgerufen.

 

Wie in der Anfrage unter Bezug auf einen WAZ-Artikel aus Mai 2020 bereits dargelegt, sollten im Jahr 2019 rd. 200.000,- Euro für den Ankauf eines weiteren Objektes eingesetzt werden. Dies konnte durch den Abschluss einer Sanierungsvereinbarung mit dem Neueigentümer abgewandt werde.

 

Im Oktober 2020 wurden nicht verausgabte Fördermittel in Höhe von 1.643.580,- Euro als sogenannte Ausgabereste aus den Jahren 2017 bis 2018 an den Fördergeber zurückgegeben. Es bleiben für das Jahr 2021 358.070,- Euro zzgl. einem fünfprozentigen Eigenanteil, die bis Oktober zur Verfügung stehen.

 

Ob bis dahin der Erwerb einer weiteren Schrottimmobilie getätigt werden kann, bleibt abzuwarten. Tatsächlich schränken die Vorgaben des Fördermittelgebers und diverse weitere rechtliche Umstände die Zugriffsmöglichkeiten erheblich ein.

 

Eigentümerstrukturen sind schwierig zu durchdringen, Vorkaufsrechte können nicht in allen Fällen begründet werden, insbesondere nicht, wenn Wohnungseigentum gebildet wurde. Hinzu kommt, dass problematische Immobilien zumeist nicht in städtebaulichen Sanierungs- oder Stadtumbaugebieten liegen, was jedoch zwingende Voraussetzung für den Einsatz der Fördermittel ist.