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Vorlage - 2008/0152  

Betreff: Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes
Status:öffentlichVorlage-Art:Berichtsvorlage
Verfasser:Frau Schulz, 2627
Federführend:FB 54 - Umwelt Bearbeiter/-in: Säger, Susanne
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umweltschutz Vorberatung
12.03.2008 
des Ausschusses für Umweltschutz zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt

Sachverhalt:

Sachverhalt:

 

Der Bundestag hat am 12.12.2007 das Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes beschlossen. Das Gesetz ist am 18.12.2007 in Kraft getreten.

 

Hintergrund für die Gesetzesänderung war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes gegen die Bundesrepublik Deutschland vom Januar 2006. Der Gerichtshof rügte Verstöße gegen Verpflichtungen aus der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie).

 

Neu zu regeln waren der Gebiets- und Artenschutz.

 

Die Gesetzesänderung beschränkt sich lediglich auf die Umsetzung des Urteils. Weitere Änderungen sollen im Rahmen des geplanten Umweltgesetzbuches geprüft werden. Der Gesetzgeber spricht daher auch von der „Kleinen Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes“.

 

 

Im Einzelnen sind folgende Paragraphen geändert worden:

 

§ 34 Verträglichkeit und Unzulässigkeit von Projekten, Ausnahmen

 

Dieser Paragraph trifft Regelungen zum Schutz der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung bzw. der europäischen Vogelschutzgebiete. Für Vorhaben und Maßnahmen, die ein derartiges Gebiet erheblich beeinträchtigen können ist vorab eine Verträglichkeitsuntersuchung durchzuführen.

 

Innerhalb des Stadtgebietes von Herne liegen keine Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung bzw. Vogelschutzgebiete. Die nächsten FFH-Flächen befinden sich in Essen bzw. Mülheim. Vorhaben oder Maßnahmen auf Herner Stadtgebiet, die diese Flächen erheblich beeinträchtigen könnten sind kaum zu erwarten.

 

 

 

§ 42 Vorschriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten

 

Die in Absatz 1 aufgeführten Verbotstatbestände (Zugriffsverbote) wurden eng an den Wortlaut der europäischen Richtlinien (FFH- und Vogelschutzrichtlinie) angepasst.

 

Eine wesentliche Änderung gegenüber dem bisherigen Recht besteht darin, dass für streng geschützte Arten und europäische Vogelarten nicht mehr bestimmte Orte (Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten), sondern bestimmte Zeiten, zu denen eine Störung verboten ist entscheidend sind. Ausdrücklich werden die Fortpflanzungs, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten genannt.

 

Der Verbotstatbestand verlangt jetzt auch, dass die Störung erheblich sein muss. Eine Erheblichkeit liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Eine lokale Population umfasst die (Teil-)Lebensräume und Aktivitätsbereiche, die in einem für die Lebens(-raum)ansprüche der Art ausreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen. Dies muss jeweils im Einzelfall artspezifisch untersucht und beurteilt werden.

 

Der neu aufgenommene Absatz 4 enthält Privilegierungsregelungen für die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung mit dem Fortbestand stabiler Populationen vereinbar ist, sofern die Grundsätze der guten fachlichen Praxis und die Anforderungen des Bundesnaturschutzgesetzes eingehalten werden. Verluste einzelner Individuen bei der Bewirtschaftung gefährden nicht zwangsläufig den gesamten Bestand.

 

Sollte sich jedoch der Erhaltungszustand der lokalen Population der im Anhang IV der FFH-Richtlinie und der europäischen Vogelarten negativ entwickeln sind entgegensteuernde Maßnahmen zu ergreifen. Vorrangig sollen dies Maßnahmen des Gebietsschutzes, die Aufstellung von Artenschutzprogrammen, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sein. Sollten diese Instrumente nicht greifen, muss die zuständige Behörde Bewirtschaftungsvorgaben anordnen.

 

Die Länder können auch entsprechende Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung erlassen.

 

Der neue Absatz 5 führt die artenschutzrechtliche Prüfung in die Eingriffsregelung gem. § 19 und § 21 Bundesnaturschutzgesetz ein. Für die nach § 19 zulässigen Eingriffe und Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen (§ 30 BauGB), während der Planaufstellung (§ 33 BauGB) und im Innenbereich (§ 34 BauGB) gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach bestimmten Maßgaben. Sofern in Anhang IVa der FFH-Richtlinie aufgeführte Arten oder europäische Vogelarten betroffen sind, sind die Zugriffsverbote nicht relevant, wenn sichergestellt ist, dass trotz Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung einzelner Nester, Bruthöhlen, Laichgewässer etc. die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten weiterhin im räumlichen Zusammenhang bestehen bleibt.

 

Um dies zu gewährleisten, können, sofern notwendig, neben Vermeidungs- auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen angeordnet werden. Sie müssen am voraussichtlich betroffenen Bestand ansetzen, mit ihm räumlich-funktional verbunden sein und zeitlich so durchgeführt werden, dass zwischen dem Erfolg der Maßnahme und dem vorgesehenen Eingriff keine zeitliche Lücke entsteht. Entsprechendes gilt auch für im Anhang IV b der FFH-Richtlinie aufgeführte Pflanzenarten.

 

Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt ein Verstoß gegen den § 42 nur vor, wenn die betreffende Handlung zur Durchführung des Eingriffs oder Vorhabens nicht geboten ist. D. h. rechtmäßige Eingriffe in Natur und Landschaft sind damit privilegiert. Die Privilegierung findet dort ihre Grenzen, wo Beeinträchtigungen vermieden werden können, ohne die Durchführung des Eingriffs oder Vorhabens zu behindern.

 

Vorbereitende Handlungen im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen sind von den artenschutzrechtlichen Verboten freigestellt.

 

 

 

§ 43 Ausnahmen

 

Da die Privilegierung der Eingriffe und der land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Bodennutzung im § 42 enthalten ist entfällt der entsprechende Ausnahmetatbestand.

 

Der geänderte Absatz 8 regelt abschließend die Ausnahmemöglichkeiten im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse.

 

Dazu zählen nunmehr auch das Interesse der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit (einschl. Landesverteidigung und Schutz der Zivilbevölkerung), der maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt oder andere zwingende Gründe des überwiegend öffentlichen Interesses einschließlich sozialer oder wirtschaftlicher Art.

 

Ausnahmen dürfen nur erteilt werden, wenn zwingende Gründe vorliegen, es keine zumutbaren Alternativen gibt und die betroffene Population trotz der Ausnahmeregelung in einem günstigen Zustand verbleibt bzw. der Erhaltungszustand sich nicht verschlechtert.

 

Die jeweiligen Landesregierungen können Ausnahmen auch allgemein durch Rechtsverordnung zulassen.

 

 

 

§ 62 Befreiungen

 

Da die Ausnahmemöglichkeiten im öffentlichen Interesse abschließend geregelt sind, bedarf es der Befreiung nur noch bei unzumutbaren Belastungen des Einzelnen. Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen (z. B. Durchführung von Ersatzmaßnahmen) versehen werden.

 

Was bedeuten die neuen Regelungen für die Praxis, insbesondere die Bauleitplanung?

 

Das Artenschutzrecht gehört zu den verbindlichen Rechtsvorschriften und ist direkt anzuwenden. Es unterliegt nicht der Landesgesetzgebung.

 

Bauleitpläne müssen dem Artenschutz nach §§ 42 ff Bundesnaturschutzgesetz genügen.

 

Im Rahmen der Bauleitplanung sind zuerst die relevanten Arten zu kartieren.

 

Anschließend ist zu untersuchen, ob durch die Planung die Verbotstatbestände betroffen sind.

 

Sofern dies bejaht wird sind die Möglichkeiten von Vermeidungs-, Minderungs- und Ausgleichsmaßnahmen zu überprüfen. Diese können auch mit eventuellen Kompensationsmaßnahmen, die sich aus der Eingriffsregelung ergeben verknüpft werden.

 

Die Konflikte sollten so gelöst werden, dass die Erteilung einer Ausnahme bzw. Befreiung möglich ist. Diese muss noch nicht im Bauleitplanverfahren vorliegen, aber in Aussicht gestellt werden können.

 

Die Erteilung der Ausnahmegenehmigungen bzw. Befreiungen kann nur auf der Basis der entsprechenden Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes erfolgen.

 

Im Gegensatz zur Eingriffsregelung ist der Artenschutz kein abwägbarer Belang.

 

Im Rahmen von Einzelvorhaben ist zu beachten, dass der § 42 im Gegensatz zur Eingriffsregelung unabhängig davon gilt, ob sich das Vorhaben im Innen- oder Außenbereich befindet.

 

Untersuchungen können ggf. auch im Innenbereich nötig sein.

 

Zuständig für die Erteilung von Ausnahmen / Befreiungen und für die Überwachung der Ge- und Verbote zum Schutz von Tieren und Pflanzen sind entsprechend den Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes und den landesrechtlichen Regelungen die unteren Landschaftsbehörden.

 

Da keine Befreiung nach § 69 Landschaftsgesetz erfolgt, ist die Beteiligung des Landschaftsbeirates nicht erforderlich.

 

Bei Planfeststellungsbeschlüssen und Entscheidungen mit Konzentrationswirkung wird die artenschutzrechtliche Ausnahme bzw. Befreiung durch den Beschluss oder die Entscheidung ersetzt.

 

Die materiellrechtlichen Anforderungen des Bundesnaturschutzgesetzes gelten weiterhin uneingeschränkt. Die unteren Landschaftsbehörden sind in den jeweiligen Verfahren zu beteiligen.

 

Aufgrund der Änderungen der Landes- und Bundesgesetze der letzten Jahre (z. B. Einführung eines umfangreichen Verfahrens zur Umweltprüfung, Einführung des Ökokontos, neue Bewertungsverfahren zur Eingriffsregelung) und der jetzt vorliegenden Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes sind zusätzliche und arbeitsintensive Aufgaben auf die unteren Landschaftsbehörden zugekommen.

 

 

 

Der Oberbürgermeister

In Vertretung

 

 

 

(Terhoeven)