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Finanzielle Auswirkungen: Ausgaben/Einnahmen in €: |
Finanzposition: |
Verw.-/Vermögenshaushalt: |
Ausgaben in 2006: 16.000,- € Ausgaben in 2007: 16.800,- € Ausgaben in 2008 und Folgejahre (optional): jeweils 8.000-, € |
1.451.655.1004 |
Verwaltungshaushalt |
Beschlussvorschlag:
Der
Jugendhilfeausschuss beschließt, dass sich die Stadt Herne an der kommunalen
Familienberichterstattung des Zentrums für interdisziplinäre
Ruhrgebietsforschung beteiligt und beauftragt die Verwaltung mit dem Zentrum
für interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung einen Vertrag über die erstmalige
Erstellung eines schriftlichen kommunalen Familienberichtes für die Stadt Herne
abzuschließen.
Sachverhalt:
Die Verwaltung wurde in der Sitzung des Jugendhilfeauschusses am 29. September 2005 beauftragt, Möglichkeiten der Realisierung eines Kinder- und Jugendberichtes in einer der nächsten Sitzungen vorzustellen (vgl. Niederschrift der JHA-Sitzung, S.4).
Dieser Beschlussfassung vorangegangen war eine Stellungnahme des Fachbereiches Kinder-Jugend-Familie (Vorlage-Nr. 2005/0706), zu der die Verwaltung in der vorhergehenden JHA-Sitzung aufgefordert worden war. Sie sollte darlegen wie ein möglicher Kinder- und Jugendbericht für Herne inhaltlich aussehen könnte. Hierfür wurden alle Abteilungen des Fachbereiches Kinder-Jugend-Familie und der Stadtjugendring als Vertretungsorgan der freien Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie weitere Institutionen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Verwaltung mit der Bitte angeschrieben, Stellung zu beziehen, welche Themen sich aus dem jeweiligen Zuständigkeitsbereich für einen Bericht eignen.
Ausdrücklich darauf hingewiesen wurde in der Stellungnahme neben der Benennung der möglichen Themen für einen Kinder- und Jugendbericht aber auch darauf, dass die Erarbeitung eines solchen Berichtes mit den vorhandenen Personalkapazitäten innerhalb der Verwaltung als auch insbesondere bei den freien Trägern nicht zu realisieren ist. Es wurde daher der Vorschlag unterbreitet, den gewünschten Bericht durch ein externes Institut erstellen zu lassen. Dieses Vorgehen bietet zudem den Vorteil, dass Fachleute von Außen einen anderen Blick auf die Lebenssituation von jungen Menschen in Herne haben als jemand, der selber Teil des Systems ist.
Ausgehend von diesen Prämissen hat die Jugendverwaltung Anfang Oktober 2005 Kontakt zum Zentrum für interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung (ZEFIR) an der Ruhr-Universität Bochum aufgenommen. Am 9. November fand daraufhin ein erster Gesprächstermin mit Vertretern des ZEFIR und des Fachbereiches Kinder-Jugend-Familie statt.
In diesem Gespräch wurden von Seiten des ZEFIR zwei Möglichkeiten benannt, einen Bericht, der die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in Herne beschreibt, bewertet und Handlungsempfehlungen aufzeigt, fachlich qualifiziert zu erstellen. Dies kann einerseits durch einen Herner Kinder- und Jugendbericht erfolgen oder andererseits durch einen kommunalen Familienbericht, der den Fokus nicht nur auf die jungen Menschen legt, sondern auch das familiäre Umfeld mit einbezieht, den Blick also erweitert.
Im Verlaufe des Gespräches wurde deutlich, dass sowohl unter inhaltlichen als auch finanziellen Gesichtspunkten die Beteiligung an der kommunalen Familienberichterstattung des ZEFIR der zu favorisierende Weg ist. Zum einen bietet der Familienbericht mehr als ein Kinder- und Jugendbericht, zum anderen kann dieser Bericht kostengünstiger durch das ZEFIR angeboten werden. Dies liegt darin begründet, dass das ZEFIR im Rahmen des vom Familienministerium geförderten Projektes „Kommunale Familienberichterstattung“ gemeinsam mit den bisher beteiligten Kooperationspartnern (vier Ruhrgebietsstädten und einem Kreis) ein standardisiertes System kommunaler Familienberichterstattung entwickelt hat, das praxisrelevante Informationen abfragt, die zudem wissenschaftlich abgesichert sind. Dieses Modell der Berichterstattung steht ab dem Jahr 2006 allen Städten, Kreisen und Gemeinden NRWs offen.[1]
Warum Familienberichterstattung? Familienberichterstattung ist Teil der Sozialberichterstattung. Im Wesentlichen lassen sich drei Funktionen von Sozial- und Familienberichterstattung unterscheiden:
ü
Aufklärung
der Öffentlichkeit,
ü
Information
von Politik und Verwaltung über Handlungs- und Gestaltungsbedarfe
ü
sowie
die Evaluation sozialpolitischer Intervention.
Für
die Zwecke örtlicher Familienpolitik sind die „repräsentativen“ und damit in
der Regel hoch aggregierten Daten und Analysen von Familienberichterstattung
auf Bundes- und Landesebene wenig hilfreich. Nirgends ist es so wie im
Durchschnitt. Adressaten kommunaler Familienberichterstattung sind lokale
Politik und Verwaltung, Akteure örtlicher Familienpolitik sowie die
Öffentlichkeit. Häufig haben diese Akteure nur unzureichende Informationen über
die sozialen Verhältnisse in der Kommune und den Stadtteilen.
Das
ZEFIR empfiehlt, die Familienberichterstattung langfristig, kleinräumig und
integriert anzulegen: Die Komponente der Langfristigkeit ermöglicht über die
regelmäßige Aktualisierung der Daten die Ermittlung von Trends und das Erkennen
von problematischen Sozialraumstrukturen im Sinne einer Frühwarnfunktion. Die
Kleinräumigkeit der Berichterstattung ist Grundlage dafür, um sozialräumliche
Unterschiede innerhalb der Untersuchungsregionen aufdecken zu können. Über die
Integrierbarkeit können Vergleiche und Rankings ermöglicht werden. Die
Informationen aus den unterschiedlichen Verwaltungsbereichen (Soziales, Bevölkerung
usw.) können zwar nicht personenbezogen verknüpft werden, möglich aber ist eine
„Verknüpfung“ auf kleinräumiger Basis bspw. Stadtteilebene oder auf Ebene der
statistischen Bezirke.
Das
Konzept der kommunalen Familienberichterstattung des ZEFIR basiert auf Modulen,
um eine möglichst flexible und damit möglichst „passgenaue“
Familienberichterstattung zu ermöglichen. Die Grundlage für den schriftlichen
Familienbericht bilden zwei obligatorische Basismodule, die soziodemografische
und sozioökonomische Daten beinhalten. Darüber hinaus werden vier
unterschiedliche thematische Zusatzmodule angeboten:
Konzept einer modulgestützten
kommunalen Familienberichterstattung
Der
erste kommunale Familienbericht für die Stadt Herne sollte analog der
Projektkonzeption des ZEFIR thematisch umfassend sein. Gemäß der
Grundüberlegung der modularen Konzeption besteht für die Fortschreibung der Familienberichterstattung
die Möglichkeit, nicht wiederholt umfassende und folglich arbeits- sowie
kostenintensive Familienberichte zu erstellen, sondern gezielte Module zu
thematischen Schwerpunkten zu wählen. Durch dieses „Baukastenprinzip“ kann in
den Folgejahren möglichst flexibel auf die (Informations-) Bedürfnisse vor Ort
reagiert werden.
Der
schriftliche Bericht des ZEFIR basiert auf den drei Datenquellen des
familienstatistischen Informationssystems (FIS), einer Familienbefragung sowie
einer Bestandsaufnahme familienrelevanter Angebote: Das FIS beinhaltet auf der
Grundlage von Daten der Kommunalstatistik sowie prozessorientierte Daten der
Verwaltung einen Katalog von Indikatoren. Diese Daten können über eine
interaktive Datenbank im Internet abgefragt werden. Kennzahlen und Indikatoren
zur Lage der Familien werden kleinräumig ausgegeben sowie tabellarisch,
graphisch und kartographisch dargestellt.
In
Ergänzung zu den statistischen Indikatoren wird zu ausgewählten
familienpolitischen Themen eine schriftliche Familienbefragung durchgeführt.
Inhalte sind Aspekte der sozialen und ökonomischen Lebenssituation sowie die
Zufriedenheit von Familien.
Als
dritter Projektbestandteil wird eine Bestandsaufnahme familienrelevanter
Angebote und Leistungen vorgenommen, die die quantitativen Strukturdaten des
familienstatistischen Informationssystems und der schriftlichen Befragung von
Familien komplettiert. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine
vollständige Bestandsaufnahme aller familienrelevanter Angebote, sondern um die
Erstellung eines „familienpolitischen Wegweisers“.
Die
Kosten für dieses „Gesamtpaket“ für die erstmalige Erstellung eines
schriftlichen kommunalen Familienberichtes für die Stadt Herne durch das ZEFIR
belaufen sich auf insgesamt 32.800,- Euro. Die benötigten Finanzmittel wurden
durch Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses vom 2. Mai 2006, aufgeteilt
auf die Kalenderjahre 2006 und 2007, zur Verfügung gestellt. Eine entsprechende
Haushaltsstelle (451.655.1004) im Verwaltungshaushalt wurde bereits
eingerichtet. Im Rahmen der Haushaltsplanung wurden für die Folgejahre (ab
2008) für eventuelle Aktualisierungen bzw. Neuauflage einzelner Module des
Berichtes jährlich 8.000,- Euro einkalkuliert.
Nach Auftragserteilung an das ZEFIR muss für die Erstellung des kommunalen Familienberichtes für die Stadt Herne ein Bearbeitungszeitraum von etwa einem Jahr zugrunde gelegt werden, so dass der Bericht erstmalig im Herbst 2007 vorliegen würde. Die genaue Zeitplanung wird zwischen dem Fachbereich Kinder-Jugend-Familie und dem ZEFIR abgestimmt und vertraglich festgehalten. Neben der Erstellung des Berichtes beinhaltet die Auftragserteilung an das ZEFIR auch die Vorstellung des Herner Familienberichtes im Rahmen einer Veranstaltung in Herne.
Der
Oberbürgermeister
In
Vertretung
Gudrun
Thierhoff
Stadträtin
[1] Den folgenden Ausführungen liegen sowohl die Informationen aus dem Gespräch am 9. November 2005 als auch die von Seiten des ZEFIR erstellten Unterlagen über die kommunale Familienberichterstattung zugrunde; abrufbar im Internet unter www.familienberichterstattung.de.
Anlagen: