|
|
Sachverhalt:
Im Jahr 2022 beschlossen die politischen Gremien der Stadt Herne die „Strategie Südosteuropa“ (vgl. Berichtsvorlage 2022/0059). Diese zielte insbesondere auf die Einrichtung einer neuen Organisationsstruktur ab, mit der die in dem Themenfeld zwingend erforderliche ressortübergreifende Zusammenarbeit auf der strategischen und der operativen Ebene gewährleistet werden kann. Im Fokus stehen zugewanderte Menschen aus Bulgarien und Rumänien, die im Rahmen der EU-Freizügigkeit nach Herne kommen.
Zum Zeitpunkt des Beschlusses der neuen Strategie Südosteuropa waren annähernd 4.000 Menschen mit bulgarischer oder rumänischer Staatsangehörigkeit in Herne gemeldet. Von Mitte letzten Jahres bis Januar 2023 ging die Anzahl dann deutlich zurück auf ca. 3.400 Personen und sinkt seitdem weiterhin leicht. Am Stichtag 30. Juni 2023 waren knapp 3.200 Personen mir bulgarischer oder rumänischer Staatsangehörigkeit in Herne gemeldet, dies entspricht annähernd zwei Prozent der Gesamtbevölkerung. Hinzu kommen Personen, die nicht in Herne gemeldet sind, sich aber regelmäßig hier aufhalten. Rund 55 Prozent der in Herne gemeldeten Personen leben bereits seit mehr als drei Jahren hier (Stand Dezember 2022). Die Zugewanderten stellen insgesamt eine junge Bevölkerungsgruppe dar: rund ein Drittel sind unter 18 Jahren, über die Hälfte ist zwischen 18 und 45 Jahre alt. Nur etwa ein Prozent ist 65 Jahre oder älter. Ein Teil der zugewanderten Personen gehört der Minderheit der Roma an, die in ihren Herkunftsländern struktureller Diskriminierung ausgesetzt sind, häufig nur geringes Vertrauen in staatliche Strukturen und wenig Erfahrung mit staatlich organisierten Angeboten haben. Dies stellt eine besondere Herausforderung bei der Gestaltung der Angebote und Maßnahmen dar.
Organisationsstruktur
Die strategische Steuerung des Themenfeldes wird durch den Lenkungskreis Zuwanderung Südosteuropa unter Vorsitz des Dezernates III gewährleistet. Dem Lenkungskreis gehören die Beigeordneten der Dezernate III, IV, V und VI sowie der Geschäftsführer der Geschäftsstelle des Lenkungskreises, angesiedelt im Kommunalen Integrationszentrum in Dezernat III, an. Der Lenkungskreis hielt seine konstituierende Sitzung im Februar 2023 ab und kommt quartalsweise zusammen. Die Aufgaben des Lenkungskreises bestehen in der Analyse der Herausforderungen und der Erarbeitung von Lösungen in gemeinsamer Verantwortung, der Priorisierung anstehender Aufgaben, der Sicherstellung von bedarfsorientierten Ressourcen sowie der Genehmigung oder Ablehnung anstehender Maßnahmen. Die inhaltlichen Leitplanken für die Arbeit des Lenkungskreises bestehen aus dem Dreiklang von Integration, Intervention und Prävention.
Die Geschäftsstelle des Lenkungskreises Zuwanderung Südosteuropa ist dem Kommunalen Integrationszentrum im Dezernat III zugeordnet. Der Geschäftsführer der Geschäftsstelle des Lenkungskreises ist zugleich Leiter des Teams Koordinierungsstelle Zuwanderung SOE. Die Aufgaben der Geschäftsstelle sind die Steuerung der strategischen Ansätze innerhalb der Stadtverwaltung, Monitoring, Dokumentation und Berichterstattung an den Lenkungskreis, die Feststellung des Hilfebedarfs, Feststellung der Beschwerdelage insb. im Umfeld von einzelnen Immobilien, Verweis an zuständige Stellen zur weiteren Bearbeitung, Schnittstellenmanagement und Prozessgestaltung über fachliche Grenzen hinweg, Koordination ressortübergreifender Objektbegehungen, interkommunale Vernetzung und Austausch sowie Unterstützung bei Fördermittelakquise und Antragstellung. Die Geschäftsstelle informiert alle relevanten Akteure der Verwaltung über Problemlagen und überwacht den Fortschritt der Umsetzung. Der fachliche Austausch insbesondere der operativ tätigen Akteure findet in verschiedenen Zusammensetzungen in spezialisierten Arbeitsgruppen statt, teils wird hierzu an bestehende Arbeitsgruppen angedockt.
Abbildung 1: Organisationsstruktur für das Themenfeld Zuwanderung SOE
Angebote und Maßnahmen
Durch die Beschlüsse des Lenkungskreises und die Arbeit der Geschäftsstelle konnten bereits neue Maßnahmen initiiert werden oder existierende Maßnahmen und Angebote miteinander verknüpft werden. Eine Zielrichtung ist dabei, die unten beschriebenen, speziell für die Zielgruppe der aus Bulgarien und Rumänien zugewanderten Menschen konzipierten Angebote systematisch mit den städtischen Regelangeboten zu verknüpfen, wie zum Beispiel die Begleitung beim Einschulungsprozess einschließlich der Schuleingangsuntersuchung oder die Willkommensbesuche des Familienbüros.
Ressortübergreifende Objektkontrollen
In einigen Objekten sind multiple Problemlagen zu konstatieren, die idealerweise durch ein koordiniertes Vorgehen der gesamten Stadtverwaltung bearbeitet werden. Zielgruppe für die ressortübergreifenden Objektkontrollen sind Bewohner*innen und Eigentümer*innen gleichermaßen. Insbesondere sollen Geschäftsmodelle unterbunden werden, bei denen Eigentümer*innen Räumlichkeiten als Wohnraum vermieten, die dafür nicht geeignet sind oder bei denen durch gravierende Mängel eine Gefahr für die Bewohner*innen ausgeht. Zur technischen Unterstützung und Dokumentation der Aktivitäten befindet sich derzeit eine webbasierte Datenbanklösung im Aufbau, die von allen Fachbereichen genutzt werden kann.
Aufbau eines ressortübergreifenden Immobilienkatasters
Gemeinsam mit der Stabsstelle Zukunft der Gesellschaft, Quartiere und Fördermittelmanagement sowie dem Fachbereich 51 wurde mit dem Aufbau eines ressortübergreifenden Immobilienkatasters begonnen in dem Objekte erfasst werden, in denen es bauordnungsrechtliche, umweltrechtliche, wohnungsaufsichtsrechtliche oder starke soziale Problemlagen bereits gibt sowie Objekte, in denen eine negative Entwicklung droht. Die technische Umsetzung leistet Fachbereich 16. In dem Kataster werden perspektivisch aktuelle Verfahren und Maßnahmen dokumentiert, so dass ressortübergreifend Transparenz hergestellt ist und Aktivitäten innerhalb der Verwaltung sowie strategische Ziele für einzelne Objekte abgestimmt werden können.
Wohnbegleitende Hilfen
Die zwei Mitarbeiterinnen der Wohnbegleitenden Hilfen unterstützen die Zielgruppe bei allen Problemen im Bereich des Wohnens, durch die Vermittlung von Wohnraum und die Verbesserung der Mietfähigkeit (Wohnungsführerschein) und vermitteln bei Konflikten mit Eigentümer*innen oder Nachbarschaft. Das Angebot wird gefördert durch das MKJFGFI.
Familienbegleitung an Grundschulen
Die beiden Familienbegleiterinnen sind an sechs Herner Grundschulen eingesetzt. Neben der Unterstützung der Kinder und Lehrkräfte im schulischen Alltag ist eine zentrale Aufgabe die Heranführung des gesamten Familiensystems an das Schulsystem, was auch zu einer Reduzierung von Schulabsentismus führt. Das Angebot wird gefördert durch das MKJFGFI.
Jobcoaching
Das Jobcoaching bietet muttersprachliche Beratung und Begleitung zu arbeitsmarktrelevanten Themen und unterstützt die Integration in den Arbeitsmarkt oder in Praktika und Ausbildung. Die Umsetzung erfolgt durch eine Mitarbeiterin der GfS, das Angebot wird gefördert durch das MKJFGFI.
Beraten und Stärken – Anlaufstellen für zugwanderte Menschen aus Südosteuropa
Die vier muttersprachlichen Mitarbeiter in den zwei Anlaufstellen haben insbesondere die Aufgabe, neu zugewanderte Menschen zu den Regelsystemen hinzuführen. Sie übernehmen eine Scharnierfunktion zwischen den städtischen Stellen und den Ratsuchenden, bei denen häufig keine oder geringe Kenntnisse über die Funktionsweise der Regelsysteme bestehen (neben den Unterstützungssystemen auch das Bildungssystem, Gesundheitssystem usw.). Das Angebot wird mit Mitteln des EU-Fonds EhAP und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gefördert und durch Plan B e.V., IFAK e.V. und Caritas Herne umgesetzt. Die Projektkoordination obliegt der Koordinierungsstelle SOE.
Kommunales Integrationsmanagement
Das Kommunale Integrationsmanagement der Stadt Herne ist über standardisierte Schnittstellen in die Arbeit im Themenfeld SOE eingebunden. Personen, bei denen es wahrscheinlich scheint, dass sie ihren Lebensmittelpunkt langfristig in Herne haben werden, können im Rahmen des Case-Managements über einen längeren Zeitraum hinweg im KIM begleitet werden. Das Kommunale Integrationsmanagement wird gefördert durch das MKJFGFI.
Der Oberbürgermeister
in Vertretung
Merkendorf
Stadtrat
Anlagen:
Keine