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Finanzielle Auswirkungen in Euro
Teilergebnisplan (konsumtiv)
Produkt | Kontengruppe | Ertrag/Aufwand (-) |
Nr.: Bez.: | Nr.: Bez.: | keine |
Teilfinanzplan (investiv)
Maßnahme | Kontengruppe | Einzahlung/Auszahlung (-) |
Nr.: Bez.: | Nr.: Bez.: | keine |
Beschlussvorschlag:
Die Ergebnisse werden dem Rat in einer weiteren Beschlussvorlage zu den sich dann anschließenden Schritten (u.a. Vergabeverfahren, Planfeststellung) vorgestellt.
Sachverhalt:
Zu Beschlusspunkt 1: Ergebnisbericht
1.1. Technischer Längenschnitt
Mit Beschluss vom 23.06.2020 hat der Rat der Stadt Herne die Verwaltung mit der Vergabe einer Machbarkeitsstudie für die Anbindung des Geländes der ehemaligen Zeche General Blumenthal IX an den Hauptbahnhof Wanne-Eickel mittels Seil-/Hochbahn beauftragt (Vorlage Nr. 2020/0382).
Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurde zunächst eine technische Machbarkeitsuntersuchung durchgeführt. Hierbei wurden verschiedene Trassenvarianten und Stationsstandorte im Hinblick auf die verkehrlichen Anforderungen, vorhandene Zwangspunkte (bspw. vorhandene und geplante Gebäude, Oberleitungsinfrastruktur) und seilbahnspezifische Gesichtspunkte (bspw. Seilbahnsysteme wie Pendel-, Einseil- oder Dreiseilumlaufbahn) verglichen. Parallel dazu wurde eine Fahrgastprognose auf Grundlage der zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Angaben zur geplanten Flächennutzung auf General Blumenthal XI erarbeitet. Im Ergebnis wurde eine Vorzugsvariante hinsichtlich Trassenführung und Seilbahnsystem entwickelt, die als grundsätzlich technisch machbar und genehmigungsfähig einzustufen ist.
Für die Vorzugsvariante wurde im nächsten Schritt ein detaillierter technischer Längenschnitt ausgearbeitet, der die Trassenführung und -ausgestaltung konkretisiert (bspw. hinsichtlich der Stützenstandorte und Seilhöhe). Dieser liefert zum einen die notwendigen Eingangsdaten für die unter Punkt 1.2 vorgestellte vereinfachte Nutzen-Kosten-Untersuchung. Zum anderen dient er als Grundlage für die Erstellung von Vorgutachten und Konzepten für die Ausschreibung der Seilbahnanlage (s. Beschlussvorschlag 1).
Der aktuelle Planungsstand sieht die Führung einer Pendelbahn von der nordöstlich des heutigen Bahnhofsgebäudes gelegenen P+R-Anlage über die Gleisflächen der DB AG bis auf die Mitte des Blumenthal-Areals, das aktuell unter dem Projektnamen „Techno Ruhr International“ – kurz TRI – geführt wird, vor (Anlage 1).
Die Stationen werden aufgeständert, so dass der Einstieg der Fahrgäste in der „Plus-1-Ebene“ erfolgt und die Flächen darunter weiterhin genutzt werden können (bspw. als Bewegungsfläche, Mobilitätsstation oder weiterhin als P+R-Fläche). Der barrierefreie Zugang zu den Stationen wird sichergestellt.
Um eine ausreichende Höhe über die Gleisanlagen inkl. der bestehenden Oberleitungsinfrastruktur unter Berücksichtigung der vorgeschriebenen Sicherheitsabstände zu erreichen, werden zwei Stützenbauwerke dimensioniert. Am Stützenbauwerk auf der Bahnhofsseite beträgt die Höhe der Seillinie ca. 34 m über Geländeoberkante (GOK). Auf der Seite des Plangebiets TRI beträgt die Höhe der Seillinie am Stützenbauwerk ca. 66 m über GOK.
Auf Basis der durchgeführten Betrachtungen und Überschlagsrechnungen wird von folgenden Systemdaten ausgegangen:
1.2. Nutzen-Kosten-Untersuchung
Als weiterer Bestandteil der Machbarkeitsstudie und aufbauend auf den Ergebnissen des technischen Längenschnitts wurde eine Nutzen-Kosten-Untersuchung gemäß Verfahrensanleitung zur Standardisierten Bewertung in vereinfachter Form durchgeführt. Dabei wurde geprüft, ob die Projektidee einer Seilbahn ein positives Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV > 1,0) und damit Aussicht auf Förderung zur Umsetzung hat.
Mit dem Verfahren der Standardisierten Bewertung soll die gesamtwirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Vorteilhaftigkeit von Investitionsvorhaben nachgewiesen werden (volkswirtschaftliche Betrachtungsweise). Bestandteil der formellen Standardisierten Bewertung ist auch eine Folgekostenrechnung, die den örtlichen Entscheidungsträger*innen alle für sie relevanten Einnahmen und Ausgaben verdeutlicht (betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise). Eine formelle Standardisierte Bewertung umfasst außerdem die intensive Abstimmung mit dem Zuwendungsgeber. Die formelle Standardisierte Bewertung ist für die Bewilligung von Fördergeldern nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) zwingend erforderlich.
Da zum jetzigen Planungsstand noch keine abschließenden Aussagen zum Fahrgastpotential der TRI möglich sind und die endgültige Ermittlung der Bau- und Betriebskosten erst im Zuge der Planungsleistung zur Seilbahn erfolgt, wurde eine vereinfachte Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) zur Abschätzung der Förderwürdigkeit durchgeführt. Auf eine Folgekostenrechnung sowie die formelle Abstimmung mit dem Zuwendungsgeber wurde zum jetzigen Zeitpunkt verzichtet.
Die durchgeführte vereinfachte NKU ersetzt nicht die formelle Standardisierte Bewertung. Die Ergebnisse weisen aber eine Tendenz zur Beurteilung der Förderfähigkeit aus, auch wenn sie sich im Rahmen der noch durchzuführenden formellen Standardisierten Bewertung aufgrund der Konkretisierung der Ausgangsdaten verändern können.
Um die volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Vorhabens zu prüfen, wurde die Summe der zu erwartenden Einzelnutzen den Kosten gegenübergestellt. Zur Berechnung der verkehrlichen Kosten im ÖPNV ist der Prognosehorizont (Ohne- und Mitfall) zu prüfen, der die strukturellen Veränderungen durch das TRI-Areal berücksichtigt. Dabei werden die verkehrlichen Wirkungen zwischen einem sogenannten Mitfall - hier Seilbahnbau - sowie einem sogenannten Ohnefall gegenübergestellt. Für den Ohnefall wurde eine Durchbindung der heute am Hbf Wanne-Eickel endenden Linie 391 als Pendelfahrt zwischen dem Hbf und dem Zentralplatz im TRI-Areal inklusive Neubau einer neuen Haltestelle vorgesehen. Im Ergebnis wurde das Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) ermittelt. Ein Vorhaben mit einem NKV größer als 1,0 gilt als volkswirtschaftlich sinnvoll und damit förderwürdig.
Als Eingangswerte dienten unter anderem die auf Basis des technischen Längenschnittes geschätzten Bau- und Betriebskosten unter Annahme einer funktionalen Umsetzung der Bau- und Anlagentechnik. Für die Errichtung einer Pendelbahn mit Kabinen für 40 Personen und einer Förderkapazität von ca. 500 Personen pro Stunde und Richtung in funktionaler Ausführung (ohne architektonische Gestaltung von Stationsbauwerken und Stützenkonstruktionen) werden auf der Preisbasis 2023 Baukosten in Höhe von ca. 32 Mio. € netto geschätzt. Die Betriebskosten werden zum jetzigen Zeitpunkt auf ca. 500 TSD € (netto) pro Jahr geschätzt.
Im Ergebnis der Nutzen-Kosten-Untersuchung ist festzuhalten, dass der Bau einer urbanen Seilbahn in Form einer Pendelbahn zwischen dem Hauptbahnhof Wanne-Eickel und dem geplanten TRI-Areal ein sehr gutes Nutzen-Kosten-Verhältnis von 2,53 erreicht. Das Vorhaben ist somit volkswirtschaftlich rentabel und damit als förderfähig zu bewerten.
Der Kurzbericht zur Nutzen-Kosten-Untersuchung ist als Anlage 2 beigefügt.
Eine ausführliche Vorstellung der Ergebnisse des technischen Längenschnittes sowie der Nutzen-Kosten-Untersuchung erfolgt als Präsentation in der Sitzung am 17.10.2023.
Zu Beschlusspunkt 2: Nächste Schritte
Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurden die notwendigen Arbeitsschritte und ein grober Zeitplan zur Realisierung der Vorzugsvariante aufgezeigt. Da es sich beim späteren Bau der urbanen Seilbahn um ein größeres Infrastrukturvorhaben handelt, ist für die Genehmigung die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens aufgrund der damit einhergehenden Rechtswirkungen (u.a. Konzentrationswirkung) vorteilhaft. Anders als bei anderen Infrastrukturprojekten (z.B. Straßen) muss die seilbahnherstellende Firma bereits im Vorfeld und nicht erst im Nachgang des Planfeststellungsverfahrens über ein entsprechendes Vergabeverfahren ermittelt werden, da jede Seilbahn als Unikat realisiert wird und jede seilbahnherstellende Firma ein exklusives, firmenspezifisches Baukastensystem hat. Bis zur letztendlichen Realisierung der Seilbahn ergeben sich daher folgende Schritte, von denen die in fett gedruckten Punkte mit diesem Beschluss veranlasst werden sollen. Die weiteren Schritte erfolgen nach zusätzlichen politischen Beratungen und Beschlüssen:
Die Dauer des Vergabeverfahrens der Seilbahn hängt maßgeblich von der Vergabeart ab. Zur Vorbereitung auf die Wahl der Vergabeart wurde eine erste externe juristische Beratung eingeholt. Das beauftragte Rechtsanwaltsbüro empfiehlt, die Seilbahn als funktionale Ausschreibung im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahme-wettbewerb zu vergeben. Dieses Verfahren bietet insbesondere für komplexe Bauvorhaben oder Problemstellungen Vorteile, da zusätzlich zum Wettbewerb um das wirtschaftlichste Angebot ein Konzeptwettbewerb zwischen den Bietenden entsteht und kreative Lösungen zu erwarten sind. Mit dem angestrebten Vergabeverfahren können alle Aspekte rund um die Planung, den Bau, die architektonische Gestaltung sowie den technischen Betrieb (bspw. Wartung, Störfälle) der Seilbahn abgedeckt werden. Vorgesehen ist eine stufenweise Beauftragung anhand von Meilensteinen (bspw. nach Erhalt des Planfeststellungbescheides und daran anschließend nach Eingang des Bewilligungsbescheides von Fördermitteln).
Vor der Einleitung des Vergabeverfahrens empfiehlt es sich, eine Markterkundung durchzuführen. Diese ist hilfreich für eine ergebnis- und zielorientierte Durchführung des späteren Vergabeverfahrens, indem zum einen der Auftragswert verlässlicher abgeschätzt werden kann. Zum anderen kann im Zuge der Markterkundung geklärt werden, ob und welche Bietenden zu welchen Konditionen zu einer Beteiligung an einem Verhandlungsverfahren bereit wären.
Um im Zuge des Ausschreibungsverfahrens der Seilbahn aussagekräftige Angebote mit entsprechender Detailtiefe zu erhalten, sind die erforderlichen Vorgutachten für die Planfeststellung zu erarbeiten. Die Vorgutachten werden potentiellen Bietenden als Kalkulationsgrundlage zur Verfügung gestellt und umfassen u.a. die Themen Geologie, Naturschutz, Schallschutz, Windlast, Brandschutz, Kampfmittel und ggf. Schattenwurf. Der Auftragnehmer wird die Vorgutachten hinsichtlich seiner herstellerspezifischen Vorgaben für die Planfeststellung konkretisieren. Umfang und Detailtiefe der Vorgutachten sollen anhand der Angaben der potentiellen Bietenden im Zuge der Markterkundung konkretisiert werden. Die Beauftragung der Vorgutachten soll kurzfristig im Anschluss an die Markterkundung erfolgen.
Zu Beschlusspunkt 3: Ergänzung des Nahverkehrsplan der Stadt Herne
Der Nahverkehrsplan (NVP) der Stadt Herne sieht das zuvor beschriebene Vorhaben einer urbanen Seilbahn bisher nicht vor. Der NVP der Stadt Herne ist daher zu ergänzen. Hierzu bedarf es eines Verfahrens nach dem Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen (ÖPNVG NRW) inkl. einer Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, die Beteiligung der politischen Gremien und die Einbindung der Bezirksregierung Arnsberg und dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR). Das Verfahren wird kurzfristig nach dem hier in Rede stehenden Beschluss angestoßen und vrsl. im Jahr 2024 abgeschlossen.
Zu Beschlusspunkt 4: Fördermittel
Es ist vorgesehen, die Ergebnisse der vereinfachten NKU und den aktuellen Planungsstand kurzfristig dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW, dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr und dem VRR vorzustellen, um die Möglichkeiten der Förderung des Projektes und die weiteren, hierfür erforderlichen Schritte zu erörtern. Im Rahmen dieser Abstimmung soll u.a. das Vorgehen zur Anmeldung der Seilbahn in den ÖPNV-Bedarfsplan und die Aufnahme in den ÖPNV-Infrastruktur-Finanzierungsplan des Landes, die Grundvoraussetzung für eine Förderung der Seilbahn sind, festgelegt werden. Die endgültige Beantragung von Fördermitteln für den Bau der Seilbahn ist nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens und der formellen Standardisierten Bewertung möglich.
Zeitplan
Die mit diesem Beschluss beabsichtigten, nächsten Arbeitspakete werden vrsl. Mitte 2025 abgeschlossen sein und in der Abstimmung und dem Beschluss des Vergabeverfahrens enden.
Der Oberbürgermeister
In Vertretung
Friedrichs
Stadtrat
Anlagen:
Anlage 1: Übersichtslageplan Trassenverlauf und Stationen
Anlage 2: Kurzbericht Nutzen-Kosten-Untersuchung
Anlagen: | ||||||
Nr. | Status | Name | ||||
1 | öffentlich | 20231005_Anlage1_Übersichtsplan_Trasse (5376 KB) | ||||
2 | öffentlich | 20231005_Anlage2_Kurzfassung_NKU_Bvorlage (821 KB) |