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Ratsinformationssystem

Vorlage - 2023/0706  

Betreff: Baumbestand Rolandstraße
Status:öffentlichVorlage-Art:Berichtsvorlage
Verfasser:Mechthild Donné
Federführend:FB 55 - Stadtgrün Bearbeiter/-in: Söntgen, Susanne
Beratungsfolge:
Bezirksvertretung Eickel
19.10.2023 
der Bezirksvertretung des Stadtbezirks Eickel zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlage/n

Anlass:

Die Bezirksvertretung Eickel hat in ihrer Sitzung am 26.01.2023 folgenden Beschluss gefasst:

 

„Die Verwaltung wird gebeten zu prüfen, ob bei den Bäumen an der Rolandstr. (9 Platanen mit den Baumnummern 1, 3, 6, 18, 21, 22, 23, 24, 25 und 2 Ahornen mit Baumnummer 2 und 4) die Voraussetzungen gem. § 5 Abs. 1 Buchst. c und § 5 Abs. 1 Buchst. g der Baumschutzsatzung der Stadt Herne zur Entfernung dieser Bäume gegeben sind. Hierbei sind im Rahmen der Sachverhaltsklärung auch die in der Sitzung der Bezirksvertretung Eickel vom 08.12.2022 unter Ö2, Vorlage 2022/1234 (zurückgezogener Antrag) sowie die in dieser Sitzung von den Anwohnern vorgetragenen Begründungen und Sachverhalte mit in die Prüfung einzubeziehen. Das von der Verwaltung zur Sachverhaltsermittlung einzuholende Sachverhaltsgutachten (s. Niederschrift der Sitzung vom 08.12.2022) soll auch unter Beteiligung der betroffenen Anwohner erstellt werden.“

 

 

In einem ersten Schritt sind am 20.04.2023 die insgesamt elf Großbäume (neun Platanen und zwei Ahorn) an der Rolandsstraße von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen in Augenschein genommen worden. Anhand der Feststellungen sollten Aussagen zur Verkehrssicherheit, der Erhaltungswürdigkeit sowie den Auswirkungen auf die angrenzenden Privatgrundstücke getroffen werden. Das Gutachten und eine Sachwertermittlung für den genannten Baumbestand sind der Vorlage als Anlage beigefügt.

 

Am 21.04.2023 sind die vom Sachverständigen empfohlenen Baumarbeiten, wie das Entfernen von Totholz und das Einkürzen von Überhängen auf die Privatgrundstücke durchgeführt worden. Weitere Baumarbeiten sind derzeit aus Verkehrssicherheitsgründen nicht erforderlich. Die Bäume werden weiterhin zweimal jährlich kontrolliert.

 

In einem zweiten Schritt sind am 12.06.2023 an die Anwohnenden Schreiben und ein Fragebogen als Postwurfsendung gegangen. Darin war gebeten worden bis zum 30.06.2023 alle von den Straßenbäumen auf die angrenzenden Grundstücke ausgehenden aktuellen Beeinträchtigungen aufzulisten.

 

Am 17.07.2023 hat eine Ortsbegehung stattgefunden, bei der die Anwohnenden der Verwaltung die jeweils aufgelisteten Beeinträchtigungen durch den Baumbestand auf ihre Grundstücke vorgestellt und erläutert haben. Eine Zusammenstellung der Beeinträchtigungen ist der Vorlage als Anhang beigefügt.

 

Die Verwaltung gibt den so ermittelten Sachverhalt zum Baumbestand entlang der Rolandstraße wie folgt zur Kenntnis:

 

Es werden nachfolgend die von den Anwohnenden der Rolandstraße im Rahmen der Fragebogenaktion beschriebenen und teilweise mit Fotos dokumentierten und bei der Ortsbegehung am 17.07.2023 geltend gemachten Beeinträchtigungen durch die Straßenbäume auf die jeweiligen Hausgrundstücke erläutert (vgl. Zusammenstellung Beeinträchtigungen durch Straßenbäume Rolandstraße).

 

Sodann werden die getroffenen Feststellungen mit den jeweiligen Ausnahmetatbeständen gemäß § 5 Abs. 1 der Baumschutzsatzung der Stadt Herne (BSS) abgeglichen, nach denen die ansonsten verbotenen Handlungen nach § 3 BSS im Einzelfall genehmigt werden können.

 

Dabei werden zur besseren Übersichtlichkeit Fallgruppen gebildet.

 

Es ist von folgender Prämisse auszugehen:

 

Die in Baumschutzsatzungen geregelten Ausnahme- und Befreiungstatbestände erfassen ausschließlich atypische Fallgestaltungen.

 

Deshalb kommt eine Ausnahme bzw. Befreiung regelmäßig nicht in Betracht bei typischerweise von Bäumen ausgehenden Belastungen wie etwa Schattenwurf, Laubfall, Samenflug oder Beeinträchtigungen durch Wurzeln, soweit nicht der Grad einer Gefahr erreicht wird. Eine unbeabsichtigte Härte liegt danach allenfalls dann vor, wenn die genannten Beeinträchtigungen ein Ausmaß erreichen, mit dem bei einem innerörtlichen Baumbestand nicht zu rechnen ist, und dadurch die jeweilige Grundstücksnutzung unzumutbar eingeschränkt wird.[1]

 

1.

Die ca. 100 Jahre alten neun Platanen und die etwas jüngeren zwei Ahorn auf der Südseite der Rolandstraße haben in der Vergangenheit zu wiederholten Beschwerden und Anfragen sowohl von Anwohnenden als auch Presse und Politik geführt. Die Beschwerden sind seit Jahren vielfältig, von Laubfall, Schattenwurf, Astabbrüchen, befürchtete Schäden an Gebäuden und Rohrleitungen, über aufgewölbte und zu schmale Gehwege bis hin zu Haftungsansprüchen bei Wurzeleinwuchs im Entwässerungssystem.

 

Gefährdung durch herabfallendes Geäst

 

r den gesamten städtischen Baumbestand ist die Stadt Herne grundsätzlich verkehrssicherungspflichtig. Sie ist verpflichtet, Schäden durch Bäume unter anderem an Sachen zu verhindern. Eine Fällung kommt nur in Betracht, wenn von Bäumen akute Gefahren ausgehen und diese nicht auf andere Weise mit zumutbarem Aufwand beseitigt werden können. Eine allgemeine, abstrakte Gefahr reicht hier nicht aus, denn sie besteht für jeden Baum. Bei Bäumen sind und können nur die Vorkehrungen getroffen werden, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich zumutbaren geeignet sind, drohende Gefahren für andere abzuwenden. Anerkanntermaßen sind nur konkrete Gefahren maßgeblich.

 

Die Großume entlang der Rolandstraße werden von der Stadt Herne auf Grund ihres Alters zweimal jährlich, einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand im Hinblick auf ihre Verkehrssicherheit überprüft. Im Rahmen dieser Kontrollen werden bei festgestellten Mängeln die erforderlichen Baumarbeiten festgelegt, die dann zeitnah ausgeführt werden.

 

Witterungseinflüsse wie Sturm, Starkregen, Schneelast aber auch Hitze- und Trockenperioden insbesondere im Sommer („Grünastbruch“)nnen jederzeit zu Astbrüchen führen; dies ist eine Naturgegebenheit, die - weil unvorhersehbar - hinzunehmen ist und die eine Baumentfernung nicht rechtfertigt.

 

Eine Gefahr für Wohngebäude und Anlagen bzw. Leben und Gesundheit von Personen kann nicht wegen der generellen Möglichkeit angenommen werden, dass Bäume bzw. deren Äste - auch wenn sie gesund sind - Belastungen durch starke Stürme und sonstige extreme Witterungseinflüsse nicht standhalten und auf an den Straßenraum angrenzende Privatgrundstücke fallen könnten. Derartige Unglücksfälle gehören zum allgemeinen Lebensrisiko; sie ließen sich, wenn überhaupt, dann allenfalls dadurch vermeiden, dass in besiedelten Bereichen sämtliche größeren Bäume beseitigt werden. Eine solche bloß abstrakte Baumwurfgefahr stellt keine Gefahr im Sinne der BSS dar.[2]

 

Schäden an Gehwegen

 

Bei den Baumkontrollen werden auch Veränderungen am Baumumfeld, wie etwa angehobene Platten oder Pflasterungen registriert und, wenn sie sich als sicherheitsrelevant erweisen, zeitnah beseitigt. Die südliche Straßenseite der Rolandstraße ist so breit, dass sie ungehindert von Kinderwagen, Rollshlen usw. genutzt werden kann. Erst wenn Gehwegschäden nicht mehr beseitigt werden können, weil beispielsweise zu viel Wurzelwerk entfernt werden müsste und somit die Standsicherheit des Baumes nicht mehr gewährleistet re, wird eine Baumentfernung unumnglich. Daher sind bereits im Jahr 2016 alle Platanen auf der Nordseite entfernt und die Baumscheiben aufgrund der schmalen Gehwege geschlossen worden. Die in Baumscheibenbereichen aktuell sichtbaren Gehwegaufwölbungen werden in absehbarer Zeit instandgesetzt.

 

Wurzeleinwuchs in Abwasserrohre, Gebäude und Hofflächen

 

Wurzeln wachsen nicht ohne weiteres in intakte Kanalrohre oder Fundamente, sondern suchen sich in der Regel Schwachstellen wie defekte Muffen oder Haarrisse in alten Leitungen und Mauern, insbesondere solche aus porösem Material wie Ton. Heute werden daher dauerhaft wurzelfeste Rohrleitungen verlegt.

 

Gemäß § 10 der Entwässerungssatzung der Stadt Herne vom 23.12.2010 sind Grundstücksentwässerungsanlagen vom Anschlussberechtigten nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik sowie den bau- und wasserrechtlichen Vorschriften und den Bestimmungen dieser Satzung herzustellen, zu erneuern und zu ändern. Bei einem intakten Kanal, der die von § 10 dieser Satzung aufgestellten Anforderungen erfüllt, ist ein Wurzeleinwuchs ausgeschlossen. Denn bei einem ordnungsgemäß verlegten, unbeschädigten Kanal und bei einem fachgerecht angelegten Gebäudefundament ist damit zu rechnen, dass ein Baum sich in seinem Wurzelwachstum an die Situation anpasst und Schäden an den genannten Baulichkeiten nicht entstehen.[3]

 

Bislang haben in der Vergangenheit nur einige wenige Eigentümer Schäden an ihren Hausanschlüssen geltend gemacht (vgl. Zusammenstellung Beeinträchtigungen).

 

Sollten konkret Schäden an Gebäuden entstanden sein, sind die Eigentümer*innenr die eindeutige und zweifelsfreie Darlegung der Schadensursache darlegungs- und ggfls. beweispflichtig (evtl. Gutachten eines Sachverständigen). Hierzu zählt auch das Öffnen des Bodens bzw. Freilegen des Fundamentes, um Aufschluss über etwaigen Wurzelverlauf zu erhalten. Vermutungen reichen wie auch aus der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen ersichtlich in diesen Fällen nicht aus.

 

Ein Anspruch auf Baumentfernung zur vorsorglichen Schadenabwendung besteht nicht. Derzeit liegen der Verwaltung keine detaillierten, eindeutig auf Wurzelwerk zurückzuführende, nachgewiesen Substanzschäden an Gebäuden vor.

 

In Bezug auf Wurzeleinwuchs und die damit einhergehende Anhebung von Grundstückseifahrten und Hofflächen ist es den Anliegern grundsätzlich zumutbar, die Auffahrt zumindest partiell auszubessern und in diesem Zusammenhang bei Bedarf mittels einer sogenannten Wurzelsperre der erneuten Bildung von Unebenheiten entgegenzuwirken. Mit Schäden an Wegen und Zufahrten durch unterwachsendes Wurzelwerk muss in baumbestandenen Wohngegenden grundsätzlich gerechnet werden.[4]

 

Laub-, Fruchtfall und he der Bäume, die über die Grundstücke ragen

 

Die Platanenreihe an der Rolandstraße prägt auf Grund ihres Alters das Ortsbild. Der Begriff „Ortsbild“ bezeichnet eben genau das, durch die Bebauung und Begrünung geprägte Erscheinungsbild des besiedelten Bereiches. Einzelbäume, Baumgruppen oder Baumreihen sind dann „ortsbildprägend“, wenn deren Entfernen als Lücke und nachhaltiger Verlust für das Ortsbild empfunden wird.

 

mtliche Belästigungen wie Laub- oder Fruchtfall aber auch Schattenwurf und andere Beeinträchtigungen, die von den dort vorhandenen Bäumen ausgehen, treffen alle Anlieger gleichermaßen und eine besondere über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung ist an der Rolandstraße nicht festzustellen.

 

Es handelt sich hierbei zudem um typische Auswirkungen des Baumbestandes. Diese Auswirkungen werden durch das Nebeneinander von Laubbäumen und Wohnhäusern in Städten vorgegeben und verwirklichen daher nur eine Last, die dem Eigentum schon von vornherein innewohnt. Häufiges Kehren ist zudem mit Blick auf die bereits beschriebene ökologische Funktion gerade großer Bäume hinzunehmen. Im Übrigen können die Eigentümer eine Verstopfung von Dachrinne und Fallrohr ihrer Wohnhäuser durch Installation von Schutzgitternr Dachrinnen und von Laubabscheidern verhindern.[5] Die Eigentümer der von Laubfall betroffenen Grundstücke haben daher den durch die vorgenannten typischen Auswirkungen verursachten erhöhten Reinigungs- und Vorsorgeaufwand regelmäßig selbst zu tragen. Die Zumutbarkeitsgrenze ist in Relation zu den übrigen laufenden Kosten für die Unterhaltung eines Wohnhauses in der jeweiligen Größe zu beurteilen, wie sie auf den Anliegergrundstücken aufstehen. Auch vierstellige Jahresbeträge verhalten sich dabei im Rahmen.[6]

 

Zu berücksichtigen ist, dass es sich um natürliche und nicht schädliche Beeinträchtigungen handelt, die nur während eines ganz begrenzten Zeitraumes auftreten. Während dieser Zeit fallen auch die Blätter anderer Bäume, was zu einer allgemeinen und hinzunehmenden Beeinträchtigung führt. Der Laubfall als Teil der Jahreszeiten, ist Teil des menschlichen Lebens, so dass ein erhöhter Reinigungsbedarf für diesen relativ kurzen Zeitraum zumutbar ist. Im Stadtgebiet finden sich zahlreiche ähnliche Lagen.

 

Eine starke Kroneneinkürzung (Kappung) aller Platanen zur Reduzierung der Überhänge ist aus fachlicher Sicht nicht vertretbar. Einzelne Kronenteile wurden auf Anraten des Sachverständigen im April 2023 bereits, soweit fachlich vertretbar, eingekürzt.

 

Die Problematik des Einkappens von Baumkronen ist in den letzten Jahren deutlich geworden. An den Schnittstellen können durch eingedrungenes Wasser Fäulnisherde entstehen, welche sich bis in das Stamminnere entwickeln. Sie stellen dann einen idealen Nährboden für Pilze und Bakterien dar, wodurch die Vitalität des Baumes eingeschränkt wird. Beim Gefrieren im Winter erzeugt eingedrungenes Wasser Frostrisse, wodurch weitere offene und ungeschützte Bereiche entstehen. Die aufgezeigten Folgen des Kappens können zum Absterben der Bäume führen. Außerdem treibt der Baum erfahrungsgemäß an den Schnittstellen wieder aus, doch ist der Kontakt zwischen diesen Neutrieben und dem alten Holz wesentlich geringer, als bei natürlich verlaufendem Wuchs, so dass höhere Windbrüchigkeit besteht. Auch aus gestalterischen Gesichtspunkten muss ein Kappen von Bäumen abgelehnt werden, da sonst nur noch ein Stammtorso übrigbliebe.

 

2.

Ausnahmetatbestände nach § 5 der Baumschutzsatzung der Stadt Herne

 

Der Beschluss sieht vor, zu prüfen, ob die Voraussetzungen gemäß § 5 Abs. 1 lit. c und lit. g BSS der Stadt Herne zur Entfernung der insgesamt elf Großume an der Rolandstraße gegeben sind.

 

Die Ausnahmetatbestände § 5 Abs. 1 lit. affentliches Recht) und b (Baurecht) der BSS greifen nicht, weil die Stadt Herne nicht aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften verpflichtet ist, die geschützten ume zu entfernen und eine baurechtliche Nutzung der städtischen Grundstücke schon nicht in Rede steht.

 

Auch handelt es sich nicht um ume auf privaten Flächen, für die die Abstandsregelung (§ 5 Abs. 1 lit. e) gilt und ebenso wenig um den Austausch von Nadelbäumen gegen Laubbäume 5 Abs. 1 lit. h).

 

Die ume sind nicht krank 5 Abs. 1 lit. d BSS), sie sind stand- und bruchsicher, was sich aus dem Gutachten des Sachverständigen vom 09.05.2023 zur Verkehrssicherheit der ume ergibt. Die Platanen sind vital und nur gering bis mäßig vorgeschädigt. Der Pflegezustand ist insgesamt gut. Insbesondere an den Stämmen und Stammfüßen wurden keine relevanten Schadsymptome vorgefunden. Den Platanen wird vom Sachverständigen eine langfristige Perspektive attestiert. Selbst wenn eine Erkrankung eines geschützten Baumes vorläge, rde dies nur dann die Entfernung des betroffenen Baumes rechtfertigen, wenn darüber hinaus die Erhaltung auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses mit zumutbarem Aufwand nicht möglich re.

 

Eine Gefahr im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. c BSS liegt vor, wenn der Eintritt eines Schadens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass ein Sachverhalt vorliegt, der den Schadenseintritt r die genannten Rechtsgüter, Leib und Leben, sowie erhebliche Sachwerte als wahrscheinlich erscheinen sst.  Gegen die Annahme einer von den umen ausgehenden Gefahr in diesem Sinne, insbesondere durch Astbruch, spricht der attestierte Vitalzustand der ume. Es liegen keine Erkenntnisse vor, die nach allgemeiner Lebenserfahrung auf den nftigen Eintritt eines Schadens hinweisen. Zwar ist nicht r alle, auch noch so unwahrscheinlichen Geschehensverläufe völlig auszuschließen, dass von umen Äste abbrechen und dadurch Sachen beschädigt oder schlimmstenfalls sogar Menschen verletzt werden. Hierbei handelt es sich jedoch um die mit in der he von Gebäuden stehenden umen notwendigerweise verbundenen Risiken. Zu einer Gefahr im vorgenannten Sinne werden diese Risiken erst, wenn besondere Umstände hinzukommen, die darauf schließen lassen, dass gerade bei diesen umen damit zu rechnen ist, dass Äste abbrechen.

 

Von den Platanen gehen weder Gefahren aus, noch sind sie krank.  Das gilt auch r den Ahorn Nr. 4. Die vom Sachverständigen empfohlene Fällung des Baumes Nr. 2 ist aufgrund der nachlassenden Vitalität und der bereits geschädigten Kronenstatik r Herbst 2023 geplant.

 

Soweit Schäden an Rohrleitungen und Mauerwerk angrenzender Gebäude in der Vergangenheit geltend gemacht wurden, war ein Wurzeleinwuchs städtischer Bäume dafür nicht ursächlich. Zu Alter, Bauart und Material der Leitungen haben die jeweiligen Grundstückseigentümern*innen keine konkreten Angaben gemacht.

 

In Bezug auf die Gefahr eines Wurzeleinwuchses in Hausanschlussleitungen liegen aktuell ebenfalls keine Erkenntnisse vor, die eine von den Straßenbäumen ausgehende ursächliche Gefahrenlage annehmen lassen. Es ist auch nicht etwa davon auszugehen, dass Leitungen und Gebäudesubstanz in der he eines Baumes stets beschädigt werden. Bei einem ordnungsgemäß verlegten, unbeschädigten Kanal und bei einem fachgerecht angelegten Gebäudefundament ist vielmehr damit zu rechnen, dass der Baum sich in seinem Wurzelwachstum an die Situation anpasst und Schäden an den genannten Baulichkeiten nicht entstehen.

 

Eine Verschattung im Falle des § 5 Abs. 1 lit. g BSS muss ein solches Maß erreicht haben, dass dauerhaft in den umen des verschatteten Gebäudes künstliches Licht eingesetzt werden muss, um gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu erreichen. Eine solche Beeinträchtigung liegt erst dann vor, wenn die Wohnräume r die gemeinhin in den jeweiligen umen praktizierten tigkeiten wie zum Beispiel Lesen, hen und Spielen wegen des Ausmaßes des Schattenwurfs eines Baumes ohne Zuschaltung künstlichen Lichts ungeeignet sind. Hierzu gibt es keine tragfähigen Erkenntnisse. Die Beeinträchtigung der Belichtung der ume in den Wohngebäuden sind nicht her substantiiert. Weder wird ausgeführt, zu welcher Zeit und an welchem Grundstück der Lichteinfall überprüft worden ist, noch welche ume r eine Beeinträchtigung gesorgt haben sollen.

 

Die Platanen stehen ausreichend weit weg von den Gebäuden und die beiden Ahorne haben durch die regelmäßige Entfernung von Totholz gelichtete Baumkronen, mithin ist eine unzumutbare Verschattung der Fenster durch Blätterwerk nicht gegeben. Zudem befindet sich der Baumbestand auf der Nordseite der Wohngebäude, so dass allein die Exponierung keine direkte Sonneneinstrahlung ermöglicht.

 

zu § 5 Abs. 1 lit. f BSS:

 

Die auf Grundlage von § 45 Landschaftsgesetz NRW a.F. erlassenen Baumschutzsatzungen dienen öffentlichen Zwecken, namentlich dem Schutz der von umen ausgehenden Wohlfahrtswirkungen r die Allgemeinheit. Dies wird bestätigt durch die in § 1 der Baumschutzsatzung ausdrücklich aufgeführten Schutzzwecke der Satzung, die sich über spezielle Aspekte der genannten Wohlfahrtswirkungen und die Bedeutung der ume auch r Flora und Fauna verhalten (i.e. Erhaltung eines artenreichen Baumbestandes, Sicherung von Nist- und Brutstätten r die heimische Tierwelt, Erhaltung und Verbesserung der kleinklimatischen Verhältnisse, Abwehr schädlicher Einwirkungen (Luftverunreinigungen, rm), Belebung, Gliederung und Pflege des Ortsbildes). Die vorgenannten gewichtigen öffentlichen Interessen ssen im Falle des § 5 Abs. 1 lit. f BSS durch anerkennenswerte (noch) gewichtigere öffentliche Interessen überlagert werden.

 

Gründe des öffentlichen Interesses erfassen alles, was gemeinhin unter den öffentlichen Belangen oder insoweit gleichbedeutend den öffentlichen Interessen (wie z.B. auch die rderung sozialer und kultureller Einrichtungen oder Energie- und Infrastrukturverlagen) zu verstehen ist. Allerdings entspricht nicht jedes beliebige, sondern nur ein qualifiziertes öffentliches Interesse dem Gemeinwohl. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege selbst nnen ein überwiegendes, öffentliches Interesse begründen. Eine Befreiung kommt allenfalls in Betracht, wenn Gründe des öffentlichen Interesses von besonderem Gewicht sie rechtfertigen. Schließlich greifen zugunsten einer Befreiung nur Gründe des öffentlichen Interesses und nicht auch privaten Belange. Die öffentlichen Gründe ssen auch nicht zwingend sein, aber „überwiegen", also das zuvor angesprochene mindestens gleichwertige Gewicht haben, wie das öffentliche Interesse am Schutz der ume. Ein derartiges öffentliches Interesse besteht jedoch nicht.

 

Darüber hinaus müsste eine besondere Dringlichkeit - also ein entsprechendes zeitkritisches Moment - vorliegen, das die Beseitigung von geschützten Bäumen erforderlich macht. Dazu ist nichts ersichtlich.

 

Zusammenfassendes Ergebnis:

 

Nach dem der in Rede stehende Baumbestand auf der Rolandstraße durch einen Sachverständigen begutachtet worden ist und auch die von den Anliegern vorgebrachten Beeinträchtigungen erfasst und geprüft worden sind, ergibt sich nach der gemeindlichen Baumschutzsatzung keine Handhabe, die Straßenbäume zu entfernen.

 

 

 

Der Oberbürgermeister

In Vertretung

 

 

 

 

 

 

 

Friedrichs

Stadtrat

 

 

 

 

 

Anlagen

-Gutachterliche Stellungnahme vom 09.05.2023; Begutachtung von elf Großumen

-Gutachterliche Stellungnahme vom 09.05.2023, Sachwertverfahren

-Lageplan Baumbestand

-Zusammenstellung Beeinträchtigungen durch Straßenbäume Rolandstraße


 

                               


[1] Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2003 – 8 A 5373/99 –, Rn. 38, abrufbar unter www.nrwe.de

[2] Dieser Maßstab wird von den nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichten angelegt, siehe etwa Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Oktober 2020 – 6 K 6066/18 –, Rn. 37, abrufbar unter www.nrwe.de

[3] Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 15. Dezember 2020 – 6 K 4/19 -, Rn. 25, abrufbar unter www.nrwe.de

[4] Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 15. Dezember 2020 – 6 K 4/19 -, Rn. 26 m.w.N., abrufbar unter www.nrwe.de

[5] Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 29. August 2005 – 9 K 3761/04 -, Rn. 33, abrufbar unter www.nrwe.de

[6] Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 29. Dezember 2021 – 9 K 6522/20 -, Rn. 44, 46, abrufbar unter www.nrwe.de


                       

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich 230612 Baumplan gesamt (1238 KB)      
Anlage 2 2 öffentlich Herne Rolandstraße, Platanen Sachwert_WA (703 KB)      
Anlage 3 3 öffentlich Stadt Herne GA Rolandstraße, Platanen_WA (2351 KB)      
Anlage 4 4 öffentlich Zusammenstellung Beeinträchtigungen durch Straßenbäume Rolandstraße (12 KB) PDF-Dokument (68 KB)