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Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer bittet von der Hebesatzerhöhung der Grundsteuer B abzusehen.
In seinem Schreiben vom 25.01.2018 führt er aus, dass die Ratsmitglieder stärker auf die Belange der Bürger/innen bzw. Gewerbetreibenden Rücksicht nehmen sollten. Neben den Eigentümerinnen und Eigentümern wären von der Erhöhung auch die Mieter/innen über die Betriebskosten betroffen. Diese Wohnnebenkosten (Heizenergie, Müllabfuhr, Wasser und Abwasser, Straßenreinigung und Winterdienst) sind in den vergangenen Jahren gestiegen und haben sich zu einer zweiten Miete entwickelt. Dies wäre unsozial.
Stattdessen sollten die politisch Verantwortlichen nach Einsparpotenzialen suchen und bei der Etatsanierung auf der Ausgabenseite ansetzen. Beispiele hierzu würden im "Kommunal-kompass" des Bundes der Steuerzahler zu finden sein. Weiterhin führt er an, dass vor dem Bundesverfassungsgericht ein Klageverfahren gegen die Berechnungsgrundlagen der Steuer anhängig ist.
Rechtliche Würdigung
Die Grundsteuer ist eine Realsteuer im Sinne von § 3 Abs. 2 Abgabenordnung. Es handelt sich um eine Objektsteuer, die nach Art. 106 Abs. 6 Grundgesetz den Gemeinden zufließt.
Zu dem im Sachverhalt genannten Klageverfahren ist anzuführen, dass beim Bundesverfas-sungsgericht am 16. Januar 2018 die mündliche Verhandlung zur Verfassungsmäßigkeit der bewertungsrechtlichen Regelungen für die Grundsteuer stattgefunden hat.
Die mündliche Verhandlung hatte zwei inhaltliche Schwerpunkte:
Ziel des Verfahrens ist nicht die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer festzustellen. Auf dem Prüfstand stehen die Bewertungsregelungen (Einheitswerte) in den alten Bundesländern nach dem Stand vom 01.01.1964 und in den neuen Bundesländern vom 02.02.1935.
Mit einer Entscheidung des Gerichts ist frühestens Mitte März 2018 zu rechnen.
Stellungnahme
Die Grundsteuererhöhung ist Teil des Haushaltssanierungsplanes (HSP) der Stadt Herne. Dieser ist eine Verpflichtung aus dem Stärkungspaktgesetz des Landes NRW und verpflichtet die Stadt Herne seit 2012 einen HSP aufzustellen und fortzuschreiben, damit bis 2020 Konsolidierungshilfen des Landes NRW i. H. v. rd. 115 Mio. € an die Stadt Herne gezahlt werden können. Hieraus ergibt sich aber auch die Verpflichtung, ab dem Jahr 2018 wieder einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Denn nur in diesem Fall fließen im Jahr 2018 rd. 17,5 Mio. € an Zuwendungen aus dem vorgenannten Stärkungspaktgesetz. Die Verfeh-lung dieses Ziels würde im weiteren Verlauf dazu führen, dass die Stärkungspaktmittel nicht ausgezahlt werden und eine dramatische Verschärfung der Haushaltslage eintreten würde.
Im Jahr 2017 wies der HSP der Stadt Herne noch einen geplanten Fehlbetrag i.H.v. rd. 43,65 Mio. € aus. Der Rat der Stadt hat in seiner Sitzung am 28.03.2017 eine Erklärung abgegeben, dass er im Jahr 2017 einen Beschluss für eine Erhöhung der Grundsteuer B um bis zu 80 Hebesatzpunkte, d. h. auf bis zu 775 %, ab dem Jahr 2018 herbeiführen wird, wenn die wirtschaftliche Situation des Herner Haushalts keine alternativen Ausgleichsmöglichkeiten bieten sollte.
Ziel sollte es sein, die Genehmigungsfähigkeit des Haushaltssanierungsplanes herzustellen und somit die Handlungsfähigkeit unserer Stadt und die damit verbundene Umsetzung zahl-reicher Maßnahmen für die Herner Bevölkerung zu erreichen.
Im laufenden Verfahren wurde von allen Beteiligten aus Politik und Verwaltung geprüft, ob die Anhebung des Grundsteuerhebesatzes auf 775 % durch Alternativen verringert werden kann. Da jedoch die Erträge nur marginal beeinflussbar und die Aufwendungen weitestgehend fremdbestimmt sind, gibt es nur sehr begrenzte Möglichkeiten, etwaige Negativ-Entwicklungen, insbesondere in Folge von Bundes- und Landesgesetzen zu Lasten der Kommunen, aus eigener Kraft zu kompensieren.
Daher appelliert die Stadt Herne gemeinsam mit anderen Kommunen an Bund und Land im Rahmen des Aktionsbündnisses "Für die Würde unserer Städte". Dieses aus 72 Kommunen aus acht Bundesländern bestehende Bündnis setzt sich für eine aufgabengerechte Finanz-mittelausstattung sowie die Entlastung von Altschulden der Kommunen ein.
Im Ergebnis hat der Rat der Stadt Herne am 12.12.2017 aufgrund einer Vielzahl auch kleine-rer Maßnahmen, den Hebesatz der Grundsteuer B ab dem 01.01.2018 von 600 % auf nun-mehr 745 % begrenzt.
Damit befindet sich Herne mit seinem Hebesatz der Grundsteuer B im Vergleich zu anderen kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen aktuell im oberen Bereich, dennoch konnte die ursprünglich angedachte Anhebung um weitere 30 Hebesatzpunkte reduziert werden. Kom-munen im regionalen Umfeld weisen sogar Steuersätze von 825 % (Castrop-Rauxel) bis zu 910 % (Witten) in der Spitze auf.
Die Vermeidung von Steuererhöhungen, so der Stadtkämmerer in seiner Rede zur Einbrin-gung des Haushaltes 2018, bleibt auch weiterhin primäres Ziel in Herne. Allen Beteiligten aus Politik und Verwaltung ist bewusst, dass mit der erfolgten Grundsteuererhöhung eine starke Belastung aller Herner Bürger/innen verbunden ist.
Dennoch wird die Stadt Herne zur Aufrechterhaltung ihrer Leistungsfähigkeit auch zukünftig Steuern erheben und in regelmäßigen Abständen die Besteuerungsgrundlagen überprüfen und ggf. anpassen müssen. Der Ausgang des laufenden Verfahrens vor dem Bundesverfas-sungsgericht und seine Auswirkung auf den Hebesatz der Grundsteuer B bleiben abzuwarten.
Die Forderung eines ausgeglichenen Haushalts ab 2018 kann nur erfüllt werden, wenn die Einnahmen aus der Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B realisiert werden. Daher ist aus Sicht des Fachbereichs 25 an der beschlossen Hebesatzerhöhung festzuhalten.
Der Oberbürgermeister
in Vertretung
Chudziak
Stadtrat
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1 | öffentlich | Anlage Bürgereingabe Nr. 2 Grundsteuer B anonym (11 KB) |