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Auszug - Anfrage: Einschränkung von privater Feuerwerksnutzung in Herne  

des Ausschusses für Bürgerbeteiligung, Sicherheit und Ordnung
TOP: Ö 7.2
Gremium: Ausschuss für Bürgerbeteiligung, Sicherheit und Ordnung Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Mi, 01.02.2023 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:00 - 18:03 Anlass: Sitzung
Raum: großer Sitzungssaal (Raum 312)
Ort: Rathaus Herne
2023/0089 Anfrage: Einschränkung von privater Feuerwerksnutzung in Herne
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Anfrage_Formular
Verfasser:SB Gawliczek
Federführend:FB 44 - Öffentliche Ordnung Beteiligt:FB 33 - Feuerwehr
Bearbeiter/-in: Hildebrandt, Tanja   
 
Beschluss


Seit der letzten Silvesternacht wird in Deutschland vermehrt darüber diskutiert, ob das Abbrennen von Feuerwerkskörpern zu Silvester weiterhin legal bleiben soll oder nicht. Neben dem medial viel diskutierten Missbrauch von Feuerwerkskörpern als Waffen, gab es auch sehr viele Verletzungen durch Unfälle, bei denen zum Teil auch Kinder schwer verletzt worden sind. Viele Hände mussten amputiert werden und es kam laut Medienberichten sogar zu einigen Todesfällen.

 

Neben den direkten Verletzungen hatten viele Menschen mit Atemwegserkrankungen durch die Schadstoffe in der Luft Atemnot, Kriegsgeflüchtete wurden durch den Einsatz von Sprengkörpern retraumatisiert und viele Tiere litten unter großer Angst. Auch geht das Anzünden von Feuerwerk zu Silvester auch immer mit großen Umweltbelastungen und Schäden einher.

 

Viele Städte haben im Vorfeld reagiert und größere Verbotszonen zu Silvester errichtet. Auf der Insel Sylt herrschte sogar ein vollständiges Böllerverbot. Die Stadt Herne hat auf solche Mittel dagegen gänzlich verzichtet.

 

Vor diesem Hintergrund bitte ich um mündliche und schriftliche Beantwortung der folgenden Fragen:

 

1. Wie viele Verletzte mussten vergangenes Silvester in Herne aufgrund von Feuerwerkskörpern medizinisch versorgt werden? Wie viele davon waren schwer verletzt?

 

2. Was sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, um Verbotszonen zum Abbrennen von Feuerwerk zu errichten? Bitte nennen Sie alle Möglichkeiten, die nutzbar wären!

 

3. Warum gab es in Herne vergangenes Silvester keine Verbotszonen?

 

4. Besteht die rechtliche Möglichkeit, Herne komplett zu einer Verbotszone zu erklären?

 

5. Besteht die rechtliche Möglichkeit, den Verkauf von Sprengstoff wie z.B. Böller und Raketen in Herne einzuschränken oder gar zu verbieten?

 

6. Was hält die Verwaltung von der Idee, mehrere zentrale Feuerwerke durch professionelle Dienstleister zu zünden (z.B. in jedem Stadtbezirk jeweils eines)? Wäre es möglich, mit einem solchen Feuerwerk großräumig drum herum eine Verbotszone für weitere Feuerwerksnutzung durchzusetzen?

 

Zu den vorliegenden Fragen nimmt die Verwaltung wie folgt Stellung:

 

Der Umgang mit und das Abbrennen von Feuerwerkskörpern ist durch das Sprengstoffgesetz (SprengG) und durch die Erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz (SprengV) geregelt.  Im Grundsatz dürfen hiernach pyrotechnische Gegenstände (ganzjährig) nur durch Personen verwendet werden, die im Besitz einer Erlaubnis nach § 7 oder § 27 SprengG, eines Befähigungsscheins nach § 20 SprengG oder einer Ausnahmebewilligung nach § 24 Abs. 1 SprengV sind. Nur während der Silvesterzeit (am 31. Dezember und 1. Januar jeden Jahres) darf Pyrotechnik ohne gesonderte Erlaubnis von allen Personen abgebrannt werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Zusammenfassend ist damit jede volljährige Person berechtigt, an Silvester Feuerwerkskörper zu zünden, von denen eine geringe Gefahr ausgeht, die einen geringen Lärmpegel besitzen und zur Verwendung in abgegrenzten Bereichen im Freien vorgesehen sind. Wird ein Feuerwerkskörper in Deutschland verkauft, muss ihm zu entnehmen sein, ob er diese Voraussetzungen erfüllt und ab welchem Alter er an Silvester gezündet werden darf (vgl. § 18 Abs. 2 SprengV).

 

 

Zu 1:

 

Der Fachbereich Feuerwehr teilt hierzu mit:

 

„An Silvester bzw. Neujahr hatte der Rettungsdienst der Feuerwehr Herne zwei Notfalleinsätze im Zusammenhang mit Feuerwerkskörpern.

 

  • Ein männlicher Patient, 11 Jahre, verletzte sich beim Aufheben von zunächst nicht gezündeten Böllern.
  • Ein weiterer männlicher Patient, 30 Jahre, wurde von einer Silvesterrakete im Gesicht getroffen.

 

Beide Patienten wurden durch den Rettungsdienst versorgt und transportiert. Die Verletzungen machten eine stationäre Behandlung im Krankenhaus erforderlich.“

 

Zu 2:

 

Hier kommen dem Grunde nach drei rechtliche Regelungen in Betracht: Immissionsschutzrecht, Sprengstoffrecht und allgemeines Ordnungsrecht.

 

Das Immissionsschutzrecht des Bundes enthält keine unmittelbar geeigneten Maßnahmen, um das Abbrennen von Pyrotechnik zu beschränken.

 

Im Landesimmissionsschutzgesetz NRW findet sich in § 5 Abs. 1 LImSchG NRW folgende Ermächtigung:

„Die Gemeinden können unter Beachtung der Ziele und Erfordernisse von Raumordnung und Landesplanung durch ordnungsbehördliche Verordnung vorschreiben, dass im Gemeindegebiet oder in Teilen des Gemeindegebietes im Hinblick auf die besondere Schutzbedürftigkeit des Gebietes

c) bestimmte Tätigkeiten nicht oder nur beschränkt ausgeübt werden dürfen, soweit und solange das zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen geboten ist.“

Schädliche Umwelteinwirkungen sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Erheblich sind diejenigen Beeinträchtigungen, die das zumutbare Maß überschreiten. Immissionen in diesem Sinne sind u. a. auf Menschen, Tiere, Pflanzen, den Boden, die Atmosphäre einwirkende Luftverunreinigungen, Lärm und ähnliche Umwelteinwirkungen.

 

Hier erscheint aus rechtlicher Sicht zunächst fraglich, ob durch das einmal jährlich stattfindende und i. d. R. nur wenige Stunden anhaltende Silvesterfeuerwerk eine erhebliche Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit sowie des sonstigen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens oder eine erhebliche Beeinträchtigung der Umwelt gegeben ist.

Auf der Grundlage dieser Regelung kommt eine Beschränkung der Nutzung von Feuerwerkskörpern überdies auch nur in solchen Gebieten in Betracht, die eine besondere Schutzwürdigkeit aufweisen (z. B. Landschaftsschutzgebiete, Naturschutzgebiete).

 

Nach § 23 Abs. 1 SprengV ist das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen verboten. Das gilt auch an Silvester und für alle Kategorien von Feuerwerksartikeln. Hier besteht daher bereits eine gesetzliche Einschränkung der für Silvester geltenden Ausnahmeregelung. Der Begriff in unmittelbarer Nähe ist gesetzlich nicht definiert. Ob ein Abbrennort also in "unmittelbarer Nähe“ liegt, muss anhand der konkreten örtlichen Gegebenheiten festgestellt werden.

 

Nach § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SprengV kann die zuständige Behörde allgemein oder im Einzelfall anordnen, dass Feuerwerkskörper der Kategorie F2 in der Nähe von Gebäuden oder Anlagen, die besonders brandempfindlich sind, auch am 31. Dezember und am 1. Januar nicht abgebrannt werden dürfen. Unter die Kategorie 2 fällt Feuerwerk, welches eine kleine Gefahr darstellt, einen geringen Lärmpegel besitzt und für den Einsatz in abgegrenzten Bereichen im Freien vorgesehen ist – das klassische Silvesterfeuerwerk: Raketen, Batterien und Böller. Eine allgemeine Anordnung ist öffentlich bekanntzugeben. Wann ein Gebäude besonders brandempfindlich ist, ist eine Frage des Einzelfalles, bspw. reetgedeckte Gebäude.  Bei der klassischen Stadtbebauung wird eine besondere Brandempfindlichkeit in der Regel nicht zu bejahen sein.

 

Die Möglichkeit des Erlasses einer Allgemeinverfügung ergibt sich auch aus § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SprengV. Auf dieser Grundlage können Feuerwerkskörper mit ausschließlicher Knallwirkung in dicht besiedelten Gebieten ganz oder teilweise verboten werden. Aus dem Wortlaut ergibt sich jedoch bereits, dass dieses Verbot keine Feuerwerkskörper umfassen kann, die neben akustischen auch optische Effekte aufweisen. Darüber hinaus muss es sich um dicht besiedelte Gebiete handeln. Nicht zuletzt muss das Verbot von Feuerwerkskörpern mit ausschließlicher Knallwirkung auch den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügen. Überdies bleibt fraglich, ob eine derartige Differenzierung praktisch durchsetzbar wäre. Für ein generelles Verbot bietet diese Regelung letztlich keinen Spielraum.

 

Nicht zuletzt eröffnet ggf. auch das Allgemeine Ordnungsrecht die Möglichkeit zum Erlass von Allgemeinverfügungen, mit denen das Abbrennen von Feuerwerkskörpern verboten werden könnte. Voraussetzung hierfür ist eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Erfahrungsgemäß kommt es im Zusammenhang mit Silvesterfeuerwerken immer wieder zu Vorfällen mit Körperverletzungen oder Sachbeschädigungen. Auch kommen immer wieder Personen aufgrund eigener Handlungen zu gesundheitlichen Schäden. Ob dies ein Ausmaß erreicht, welches ein ordnungsbehördliches Einschreiten in der Form einer allgemein gültigen Regelung zur Folge haben kann, ist eine Frage der konkreten örtlichen Situation. Der hierbei anzulegende Einschätzungsspielraum muss ergeben, dass die vorliegende Gefährdung nur durch eine Beschränkung des Einsatzes von Pyrotechnik zu begrenzen ist. Hierbei ist außerdem eine räumliche Betrachtung anzulegen, welche örtliche Erstreckung notwendig ist, um das identifizierte Problem zu lösen. Aus den vergangenen Betrachtungszeiträumen ergibt sich für das Herner Stadtgebiet keine derart außergewöhnliche Situation oder Häufung von Rechtsverstößen, die mit auf den Einsatz von Pyrotechnik zurückzuführen wäre oder mit einem Verbot von Feuerwerkskörpern gänzlich auszuschließen sein könnte. Ein generelles Verbot für das ganze Stadtgebiet und über den gesamten Betrachtungszeitraum am 31. Dezember und 1. Januar eines Jahres entspricht daher nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. 

 

Zu 3:

 

Nach Aufhebung der Corona bedingten Beschränkungen gab es hierzu weder einen konkreten oder aus Erfahrungen vergangener Jahre bestehenden Anlass noch eine gesetzliche Notwendigkeit.

 

Zu 4:

 

Vgl. Antwort zu 2.

 

Zu 5:

 

Nein.

 

Zu 6:

 

Die Durchführung von zentral organisierten Feuerwerken hat keine Auswirkung auf die rechtlichen Möglichkeiten zur Einrichtung von Verboten oder Verbotszonen.

Ggf. kann hiermit ein Anreiz geschaffen werden, auf das private Feuerwerk ganz oder teilweise zu verzichten. Aus der allgemeinen Erfahrung heraus sind die Erfolgsaussichten jedoch als eher gering einzustufen. Vielmehr ist aufgrund größerer Menschenansammlungen eine erheblich größere Gefährdung von zuschauenden Personen anzunehmen, wenn nicht gleichzeitig auch der private Erwerb und Besitz von Feuerwerk ausgeschlossen wäre.